“Die Gräber stammen aus dem Jahr 1000 bis 1400 und sind Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten zuzuordnen”, sagte Pieter Van Dalen, Archäologe an der Universität San Marcos in Lima, der Nachrichtenagentur Reuters. Die Grabstätten entstammen also der Blütezeit der Chancay, die einst die fruchtbaren Täler in Küstennähe bewohnten. Ihren Namen verdanken sie einem Fluss der Region.

Ein Skelett liegt im Sand

Dieses Skelett wurde beim Bau einer Gasleitung gefunden

Gerade von den letzten Ruhestätten der privilegierten Oberschicht erhoffen sich die Forscher nun, mehr über das kaum bekannte Volk zu erfahren. Die Grabmäler der Elite liegen bis zu fünf Meter tief unter der Erde und sind nach ersten Erkenntnissen des Teams sehr aufwendig gestaltet. Die Bestatteten wurden in Textilien eingehüllt, auch kunstvoll verzierte Gefäße unterschiedlicher Größe wurden ihnen mitgegeben.

Volk der Chancay: Handwerklich begabt

Das deckt sich mit dem, was die Archäologen bisher über die Chancay-Kultur wissen: Das Volk war handwerklich sehr begabt.

Ein braun-gelbes Tuch mit Motiven

Dieses bestickte Tuch zeugt von der Kunstfertigkeit der Chancay

Tausende ihrer Textilien sind bis heute erhalten geblieben, die antike Produktion muss also bemerkenswert umfangreich gewesen sein. Die Stoffe sind hervorragend verarbeitet und in Gelb- und Brauntönen, aber auch in Scharlachrot, Lavendelblau und Olivgrün gefärbt. Beliebte Motive waren Vögel und eine Gottheit mit einem halbmondförmigen Kopfschmuck.

Zwei Terrakotta-Vasen der Chancay-Kultur

Die schwarz-weiße Bemalung war charakteristisch für die Keramikarbeiten der Chancay

Auch die Keramik-Arbeiten der Chancay-Kultur zeugen vom künstlerischen Talent dieses Volkes. Sie waren oft in Schwarz-weiß gehalten und zeigten geometrische oder starke vereinfachte Tier- und Menschenmotive. Auch Puppen aus Ton, die das weibliche Geschlecht betonen, wurden sehr häufig produziert.

Bei allem handwerklichen Geschick waren die Chancay aber offenbar keine großen Krieger. Historiker gehen davon aus, dass Anfang des 15. Jahrhunderts die Chimú den Süden ihres Territoriums eroberten und die Inka das Volk um 1450 dann endgültig unterwarfen.

Hoffen auf neue Erkenntnisse

Geben die 30 Gräberfunde etwa 75 Kilometer nördlich der peruanischen Hauptstadt Lima jetzt neue Einblicke in die sozialen und politischen Strukturen der Chancay-Kultur? In den letzten Jahren wurden in der Region schon rund 2000 Gräber entdeckt, so dass die Archäologen hoffnungsvoll sind.

Zunächst aber werden die Überreste akribisch entstaubt und sorgfältig gelagert. Vielleicht enthüllen sie dann ja einige Geheimnisse aus der untergegangenen Welt der Chancay.

suc/nf (reuters, historiaperuana.pe)