Roger Waters ist 79 Jahre alt, Brite und Ex-Mitglied der Avantgarde-Rockband Pink Floyd. Am Mittwoch sprach der Musiker auf Einladung Russlands per Videoschalte vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. In seiner Rede sagte er unter anderem, er repräsentiere mit seiner Meinung mehr als die Hälfte der Menschheit. Der Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine sei zwar illegal gewesen, doch “nicht unprovoziert” erfolgt. Deswegen verurteile er “auch die Provokateure” – und dies ging an die Adresse Kiews – “auf das Schärfste”.

Waters forderte auch einen sofortigen Waffenstillstand: “Präsident Biden, Präsident Putin, Präsident Selenskyj, USA, NATO, Russland – Sie alle – bitte ändern Sie jetzt Ihren Kurs und stimmen Sie sofort einem Waffenstillstand in der Ukraine zu.” Russland hatte den Briten zu der Sitzung eingeladen – vermutlich, weil er sich in der Vergangenheit kritisch zu Waffenlieferungen an die Ukraine gezeigt und in einem Interview mit der “Berliner Zeitung” den russischen Präsidenten Wladimir Putin für dessen Entscheidungen gelobt hatte, die auf “Konsens” basierten.

Eine Bühne voller künstlicher Mauersteine, in einer Lücke spielt eine Band

Roger Waters 1981 mit Pink Floyd beim Konzert zu “The Wall” in Dortmund

Süffisante Repliken auf Waters’ Rede

Die Reaktion des ukrainischen UN-Botschafters Serhij Kyslyzja ließ nicht lange auf sich warten. In Anspielung auf den Pink-Floyd-Welthit “Another Brick In The Wall” sagte er: “Wie traurig für seine früheren Fans, dass er die Rolle eines weiteren Steins in der Mauer akzeptiert, einer Mauer russischer Desinformation und Propaganda.” Der stellvertretende US-Botschafter Richard Mills nutzte feine Ironie in seiner Antwort auf Waters’ Rede. Dessen musikalische Qualitäten stünden zwar außer Frage. “Seine Qualifikationen, zu uns als Experte über Waffenkontrolle oder europäische Sicherheitsbelange zu sprechen, erscheinen mir weniger einleuchtend.”

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Waters öffentlich zum Ukraine-Krieg äußert. Im September 2022 warf er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj “extremen Nationalismus” vor und rief den Westen dazu auf, Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen. Daraufhin erhielt er Auftrittsverbot im polnischen Krakau und wurde seitens der Stadtverwaltung zur “unerwünschten Person” erklärt.

Antisemitismus-Vorwürfe gegen Roger Waters 

In Deutschland forderte ein Bündnis die Absage eines Konzerts von Waters, das Ende Mai in Frankfurt geplant ist. Er sei durch antisemitische Propaganda aufgefallen und äußere sich bei Veranstaltungen judenfeindlich, hieß es in einer am Mittwoch veröffentlichen Erklärung. Die Unterzeichner nennen Waters einen “Antisemiten, Verschwörungstheoretiker und Israel-Hasser”. Der Musiker spreche sich für eine Diskriminierung jüdisch-israelischer Künstler aufgrund ihrer Herkunft aus und setze Musiker unter Druck, die in Israel auftreten wollten. Meinungsfreiheit habe eine Grenze, wenn es um den Schutz der Menschenwürde im öffentlichen Raum gehe.

Hessens Antisemitismusbeauftragter Uwe Becker argumentierte im Januar, dass Waters “mit zunehmender Aggressivität für die antisemitische Boykottbewegung BDS” eintrete. BDS steht für “Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen” und ruft Musiker, Sportler, Firmen und Politiker dazu auf, nicht in Israel zu investieren oder dort aufzutreten. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sagte gegenüber der “Jüdischen Allgemeinen” am Donnerstag, sie könne zwar kein Konzert verbieten, aber sie würde sich wünschen, dass Veranstalter darauf verzichteten, Konzerte mit Waters durchzuführen – “und wenn sie dennoch stattfinden sollten, dass er vor leeren Hallen spielt”. Roth sagte, sie bedauere die Entwicklung des Musikers, der mittlerweile “offenkundig zu einem aktiven BDS-Unterstützer und darüber hinaus Verschwörungstheoretiker” geworden sei.

David Gilmour, Roger Waters, Nick Mason und Rick Wright winken vor einem Plakat ihres Albums The Wall

2005 waren Pink Floyd für ein Live 8-Konzert noch einmal vereint (David Gilmour, Roger Waters, Nick Mason und Rick Wright, v.l.n.r.)

Ehemalige Bandkollegen distanzieren sich

Waters ließ in der Vergangenheit auf Konzerten Ballons in Schweineform aufsteigen, auf denen ein Davidstern abgebildet war. Zudem lässt er auf seiner aktuellen Tour den Hinweis einblenden, Menschen, die Pink Floyd mögen, seine Politik aber ablehnten, könnten sich verziehen (“fuck off”). Zuletzt hatten sich auch seine früheren Bandkollegen, die übrigens gegen den russischen Angriffskrieg Position beziehen, von Roger Waters distanziert. Erst diese Woche bezeichnete Polly Samson, die Pink-Floyd-Songwriterin und Ehefrau von Waters’ ehemaligem Bandkollegen David Gilmour, Waters auf Twitter als “antisemitisch” und als “Putin-Apologeten”.

Die 1965 gegründete englische Gruppe Pink Floyd gehört mit Alben wie “The Dark Side of The Moon” oder “The Wall” zu den erfolgreichsten Bands der Rockgeschichte. Roger Waters stieg Mitte der achtziger Jahre aus der Band aus und verfolgt seither eine Solokarriere.