Mehr als die Hälfte des Betrages werde von den Vereinigten Staaten kommen, sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter am Dienstag beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau. US-Präsident Joe Biden werde beim Gipfel der sieben wichtigsten westlichen Industriestaaten 2,76 Milliarden Dollar (2,61 Milliarden Euro) an zusätzlichen US-Mitteln für die Bemühungen in über 47 Ländern und regionalen Organisationen zusagen. Zwei Milliarden Dollar davon würden zur Rettung von Menschenleben durch direkte humanitäre Maßnahmen eingesetzt. 760 Millionen Dollar seien für nachhaltige kurz- und mittelfristige Nahrungsmittelhilfe vorgesehen.

Der amerikanische Regierungsvertreter warf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, “Lebensmittel als Kriegswaffe” einzusetzen. Schätzungen gingen davon aus, dass bis zu 40 Millionen Menschen in diesem Jahr durch Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine in die Armut gedrängt werden könnten. Das wiederum hätte Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit in der ganzen Welt.

Mit dem Vorhaben reagierten die G7 auf die weltweiten Engpässe bei der Nahrungsmittelversorgung infolge des Kriegs in der Ukraine, heißt es weiter. Die Ukraine war vor dem Krieg einer der weltweit wichtigsten Getreideexporteure; die Ausfuhren in diesem Jahr sind infolge des russischen Angriffskriegs und der Blockade ukrainischer Häfen aber eingebrochen: Steigende Preise und Lieferengpässe sind die Folgen, unter denen viele arme Länder in besonderem Maße leiden.

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G7-Gipfel: 600 Milliarden Dollar für globale Infrastruktur-Initiative

Die G7-Länder verbanden die Finanzzusagen mit Appellen an andere Staaten: Länder mit großen Reserven an Nahrungsmitteln sollten diese dem Weltmarkt zu fairen Bedingungen zugänglich machen. Die G7 riefen zudem alle Länder auf, das Horten von Nahrungsmitteln zu unterlassen, da dadurch die Marktpreise weiter hochgetrieben würden.

Preisdeckel für Öl und Gas aus Russland?

Die G7-Staaten nehmen zudem eine Prüfung möglicher Preisobergrenzen für russisches Öl und Gas ins Visier. Das geht aus der Abschlusserklärung des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs hervor, die die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte. Eine solche Preisobergrenze soll die Möglichkeiten der russischen Regierung zur Finanzierung ihrer Invasion in der Ukraine einschränken. Die US-Regierung hatte am Montag angekündigt, man werde sich auf eine solche Prüfung einigen. Allerdings lässt sich eine Preisobergrenze nur in Zusammenarbeit mit großen Öl-Importländern wie China oder Indien durchsetzen.

Beide Länder hatten ihre Importe aus Russland nach dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar sogar noch erhöht. Die Formulierung in der G7-Erklärung zielt deshalb auf die Zusammenarbeit mit anderen Staaten. Die EU werde mit internationalen Partnern Möglichkeiten zur Senkung der Energiepreise prüfen, einschließlich der Möglichkeit, vorübergehende Preisobergrenzen für Importe einzuführen, heißt es in der Erklärung. Ein G7-Vertreter sagte, dies gelte sowohl für Öl als auch für Gas. Die USA kaufen bereits kein russisches Öl mehr, die EU steigt bis Ende des Jahres aus.

Deutschland | G7 Gipfel auf Schloss Elmau

Das Gipfel-Ende zeichnet sich ab – der rote Teppich wird schon mal eingerollt

Die G7 riefen ferner Russland auf, die Produktion und die Ausfuhr ukrainischen Getreides nicht länger zu behindern: Die Blockade des Seewegs über das Schwarze Meer müsse beendet werden, Infrastruktur und Silos dürften nicht mehr zerstört werden. Die G7-Gruppe sagte der Ukraine Unterstützung bei der Wiederaufnahme ihrer Getreideexporte zu.

Die G7-Staaten wollen sich nach Angaben aus EU-Kreisen auch dafür einsetzen, den Export von Gold aus Russland zu sanktionieren. Damit sollten die Maßnahmen gegen die Regierung in Moskau wegen des Angriffskriegs in der Ukraine verschärft werden, heißt es am Rande des G7-Gipfels auf Schloss Elmau. Für das Exportverbot von russischem Gold haben sich bei dem Treffen vor allem die USA, Großbritannien, Kanada und Japan eingesetzt. Die EU-Staaten Deutschland, Frankreich und Italien sind dagegen noch zurückhaltend, weil Sanktionen im Kreis der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union einstimmig beschlossen werden müssen.

Maßnahmen gegen Zwangsarbeit in China

Die G7-Staaten wollen zudem nach Informationen aus US-Kreisen gegen Zwangsarbeit vorgehen. So sollen Produkte, die mit Zwangsarbeit hergestellt wurden, von den globalen Lieferketten ausgeschlossen werden. Eine entsprechende Passage werde im Abschlussdokument der Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten westlichen Industrieländer enthalten sein, heißt es in US-Delegationskreisen. Dies habe es so noch nie gegeben und sei vor allem an die Adresse Chinas gerichtet, heißt es weiter.

Die G7-Staats- und Regierungschefs beraten noch bis zu diesem Dienstagmittag auf Schloss Elmau in Bayern. Im Zentrum der Gespräche unter deutscher Präsidentschaft steht der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Gruppe großer Industrieländer hatte der Ukraine am Montag zeitlich unbegrenzte Unterstützung zugesagt und eine Verschärfung ihrer Sanktionen gegen Russland angekündigt.

Der Ukraine-Krieg wird auch zentrales Thema des NATO-Gipfels in Madrid sein, zu dem die G7-Staats- und Regierungschefs am Nachmittag weiterreisen. Der Nato-Gipfel findet am Mittwoch und Donnerstag statt. Vor dem eigentlichen Gipfeltreffen kommen die Staats- und Regierungschefs der NATO-Länder am Dienstag auf Einladung des spanischen Königs Felipe VI. zu einem Abendessen im Königspalast zusammen.

kle/se (dpa, afp, rtre)