Das Wichtigste in Kürze: 

  • Bundestag befürwortet den NATO-Beitritt von Finnland und Schweden
  • Russischer Außenminister verkürzt Aufenthalt beim G20-Treffen
  • Baerbock auf Bali: “Russland greift die internationale Ordnung an”
  • Selenskyj ruft erneut nach mehr Waffen
  • Britische Regierung erwartet Verschnaufpause bei Angriffen

Der Bundestag hat als eines der ersten Länder den Weg für eine NATO-Mitgliedschaft von Finnland und Schweden frei gemacht. Die Mehrheit der Abgeordneten billigte in Berlin ein Gesetz, das die Voraussetzung zur Annahme entsprechender Protokolle durch Deutschland ist. Dafür stimmten die Fraktionen der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP sowie auf Seiten der Opposition die Union und mehrheitlich die rechtspopulistische AfD. Ein klares Nein kam nur von der Linken. Die eigentliche Ratifizierungsurkunde stellt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aus.

Der Schritt Schwedens und Finnlands ist eine unmittelbare Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Am Dienstag hatten die Botschafter der 30 Bündnisstaaten im Hauptquartier in Brüssel in Anwesenheit der Außenminister der beiden nordischen Länder bereits die sogenannten Beitrittsprotokolle unterzeichnet. Bisher haben Kanada, Estland, Norwegen, Dänemark und Island einen Beitritt ratifiziert.

Deutschland | Bundestag Tobias Lindner

Staatsminister Tobias Lindner spricht im Bundestag zum NATO-Beitritt der beiden Nordländer

Die Bundesregierung warb zum Auftakt der Debatte im Bundestag um Zustimmung. “Die geplanten Beitritte Finnlands und Schwedens zum Nordatlantischen Verteidigungsbündnis sind von herausragender Bedeutung für uns und unsere Partner angesichts der Erschütterungen, die wir aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in Europa und in der ganzen Welt erfahren”, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Tobias Lindner, im Namen der Regierung.

Eklat um Lawrow bei G20-Treffen auf Bali

Beim G20-Treffen der führenden und aufstrebenden Wirtschaftsmächte in Indonesien hat der russische Außenminister Sergej Lawrow für einen Eklat gesorgt. Lawrow verließ den Saal im Luxushotel Mulia gleich nach seiner Rede und hörte sich die Wortmeldungen seiner Kritiker gar nicht mehr an. Anschließend warf er dem Westen vor, den Übergang zu einer friedlichen Lösung des Konflikts in der Ukraine zu verhindern. Wenn die EU und die USA einen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld anstrebten, “dann haben wir wahrscheinlich mit dem Westen nichts zu besprechen”, sagte er vor Journalisten.

Indonesien | G20 Treffen Bali

Der russische Außenminister Sergej Lawrow bei dem G20-Ministertreffen in Indonesien

Lawrows Sprecherin Maria Sacharowa hatte zuvor der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mitgeteilt: “Lawrow führt noch bilaterale Gespräche, danach wendet er sich an die Presse und reist ab.” Er wollte demnach weder am offiziellen Essen noch an der Nachmittagssitzung teilnehmen.

Mit seinem Rückzug aus dem Plenum habe sich Lawrow auch der Replik der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock entzogen, hieß es aus Delegationskreisen. Baerbock sprach als amtierende Vorsitzende der G7-Gruppe führender demokratischer Wirtschaftsmächte direkt nach Lawrow. Die Ministerin sagte, die Abwesenheit Lawrows, gerade auch bei der Sitzung zum Thema Ernährungssicherheit, unterstreiche, dass er an internationaler Kooperation und dem Austausch mit den anderen G20-Staaten “nicht interessiert” sei. Die internationale Gemeinschaft sei jedoch in der Verantwortung, dass die Auswirkungen dieses Krieges nicht auf andere Regionen dieser Welt übergreifen. “Russland greift die internationale Ordnung an”, so die Grünen-Politikerin. “Russland ist durch die Auswirkungen des Krieges eine Gefahr für die ganze Welt.”

Indonesien | G20 Treffen Bali

Außenministerin Annalena Baerbock bei der Sitzung der G20-Minister auf Bali

Russland erklärte sich auf Bali immerhin bereit, mit der Ukraine und der Türkei über Getreide zu verhandeln. Es sei aber unklar, wann solche Gespräche stattfinden könnten, sagte Außenminister Lawrow. In der Ukraine lagern Millionen Tonnen Getreide, die nicht exportiert werden können. Lawrow kritisierte, dass auf dem G20-Treffen von den westlichen Staaten mehr über Russland als die weltweiten ökonomischen Probleme gesprochen werde.

Indonesien mahnt zu Stopp des Ukraine-Krieges

Zum Auftakt des Außenministertreffens der G20 rief die Gastgeberin Retno Marsudi eindringlich dazu auf, den Krieg in der Ukraine rasch zu stoppen. “Unsere Verantwortung ist es, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Und Brücken zu bauen und nicht Mauern”, sagte die Indonesiens Außenministerin. Meinungsverschiedenheiten sollten am Verhandlungstisch beigelegt und nicht auf dem Schlachtfeld ausgetragen werden. Der weltgrößte Inselstaat hat derzeit den Vorsitz des Staatenbundes.

Das Ministertreffen gilt angesichts von Lawrows Teilnahme als diplomatisch sehr heikel. Während die EU und die USA wegen des Ukraine-Krieges Sanktionen gegen Russland verhängt haben, sehen G20-Staaten wie China, Indien und Südafrika bisher von einer Verurteilung des russischen Einmarschs zurück. Das Treffen gilt auch als wegweisend für den Gipfel der G20-Staats- und Regierungschefs im November, zu dem Russlands Präsident Wladimir Putin seine Teilnahme angekündigt hat.

Putin: Haben in der Ukraine noch nicht richtig losgelegt

Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Regierung in Kiew und ihre Verbündeten gewarnt, dass die Militäraktion in der Ukraine erst ganz am Anfang stehe. “Jeder sollte wissen, dass wir noch nicht ernsthaft begonnen haben”, sagte der Kreml-Chef in einer seiner schärfsten Reden seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine am 24. Februar.

Kremlchef Putin bei seiner Ansprache

Kremlchef Putin bei seiner vom Fernsehen übertragenen Ansprache

“Der kollektive Westen” habe einen “Krieg” in der Ukraine entfesselt, sagte Putin weiter. Russland lehne Friedensverhandlungen nicht ab. “Aber diejenigen, welche sie ablehnen, sollten wissen, dass es härter wird mit einer Einigung mit uns” zu einem späteren Zeitpunkt, fügte Putin hinzu.

Siehe auch: NATO gegen Putin: Verteidigung oder Aggression?

Selenskyj ruft mit Nachdruck nach mehr Waffen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Westen mit Nachdruck zu weiteren Waffenlieferungen im Krieg gegen Russland aufgerufen. “Je größer die Verteidigungshilfe für die Ukraine jetzt ist, desto eher wird der Krieg mit unserem Sieg enden und desto geringer werden die Verluste aller Länder der Welt sein”, sagte er in seiner täglichen Videobotschaft. Kiews Partner besäßen genaue Informationen über die Bedürfnisse der Ukraine. Das gelte sowohl für die Luftverteidigung als auch für moderne Artillerie.

Vor dem Hintergrund des angekündigten Rückzugs von Boris Johnson als britischer Premierminister hob Selenskyj die Rolle Großbritanniens als Waffenlieferant hervor. London habe Kiew unter anderem Systeme zur Luftverteidigung und Panzerabwehr überlassen, aber auch etwa Artillerie, Munition und gepanzerte Fahrzeuge. “Die Rolle Großbritanniens beim Schutz der Freiheit ist wirklich global.”

Britisches Verteidigungsministerium erwartet Verschnaufpause bei Angriffen

Nach der weitgehenden Eroberung der Region Luhansk im Osten der Ukraine rechnet das Verteidigungsministerium in London mit einer Umgruppierung der russischen Truppen. Diese würden wahrscheinlich eine Pause einlegen, um ihre Einheiten neu aufzustellen, bevor sie neue Angriffe im Gebiet Donezk starten. Die russische Armee werde ihre Kräfte wahrscheinlich in Richtung der Stadt Siwersk konzentrieren. Die Truppen könnte auch versuchen, auf die Stadtgebiete von Slawjansk und Kramatorsk vorzurücken, erklärte das Ministerium auf Twitter. Zuletzt hatten die russischen Streitkräfte nach einem heftigen Dauerbombardement Geländegewinne im Osten der Ukraine erzielt, sich aber von der ukrainischen Schlangeninsel südlich von Odessa zurückgezogen.

Angriffe auf Sloviansk, Ukraine

Schwerer russischer Beschuss in Slowjansk in der Region Donezk am 5. Juli 2022

Keine Parlamentsmehrheit für die Lieferung von 200 Fuchs-Panzern

Die Forderung von CDU und CSU, der Ukraine kurzfristig 200 Transportpanzer vom Typ Fuchs zu liefern, hat im Bundestag keine Mehrheit gefunden. Das Parlament stimmte in der vergangenen Nacht gegen einen entsprechenden Antrag der Unionsfraktion.

Sitzung des Deutschen Bundestages

Sitzung des Deutschen Bundestages

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte vor einem “Ausplündern” der Bundeswehr gewarnt. “Wir unterstützen die Ukraine mit allem, was möglich und verantwortbar ist. Aber wir müssen die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands gewährleisten”, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Scholz glaubt an lange Solidarität mit der Ukraine

Bundeskanzler Olaf Scholz ist überzeugt, dass Deutschland seine Solidarität mit der Ukraine lange aufrechterhalten kann. Er habe sehr vorsichtig bei dem Thema agiert, sagt Scholz im ZDF.

Vielleicht sei dies die Grundlage dafür, dass dann auch die Akzeptanz in der Bevölkerung erhalten bleibe, wenn die Lage schwieriger werde, fügte er auf die Frage nach den Folgen der hohen Energiepreise für die Stimmung in der Bevölkerung hinzu.

Johnson sichert Selenskyj britischen Beistand zu

Nach seinem angekündigten Rückzug als britischer Premierminister sicherte Boris Johnson Präsident Selenskyj die ungebrochene Unterstützung des Vereinigten Königreichs zu. Wie eine Regierungssprecherin sagte, versichert Johnson in einem Telefonat, dass Großbritannien so lange wie nötig wichtige “Defensivhilfe” leisten werde. Er werde zudem gemeinsam mit Partnern und Verbündeten daran arbeiten, die russische Blockade von ukrainischen Getreidelieferungen zu beenden. Selenskyj dankte Johnson für dessen “kompromisslose Unterstützung” seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar. Er habe die Nachricht von Johnsons Rücktritt mit Trauer vernommen. “Nicht nur ich, sondern die ganze ukrainische Gesellschaft, die sehr mit Ihnen sympathisiert.” Johnson hatte Selenskyj seit Kriegsbeginn zwei Mal in Kiew getroffen.

Bund und Länder wollen ukrainische Flüchtlingskinder aufmuntern

Ukrainische Kinder und Jugendliche, die vor dem russischen Angriffskrieg aus ihr Land nach Deutschland geflohen sind, sollen mehr “Sonnenstunden” erleben können. Bund und Länder stocken das gleichnamige Programm auf mehr als eine Million Euro auf. Damit werden kulturelle Angebote für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine ermöglicht. Das Programm “Sonnenstunden” soll Einrichtungen und Organisationen unterstützen, situationsbezogen und zügig kulturelle Angebote zu konzipieren und umzusetzen. Nach Angaben der Kulturstiftung der Länder liegen mehr als 400 Anträge für das Programm vor.

Deutschland Claudia Roth

Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien (Archivbild)

“Wie so oft sind auch in diesem Krieg wieder vor allem Kinder und Jugendliche die Leidtragenden der sinnlosen Zerstörung und Gewalt”, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Die oft ehrenamtlich getragenen Projekte würden geflüchteten Kindern und Jugendlichen mit speziellen Kulturangeboten “ein paar Lichtblicke in diesen düsteren Zeiten” verschaffen, so die Grünen-Politikerin.

rb/ack/kle/sti (AFP, AP, dpa, epd, KNA, Reuters)