Einst hing das Gemälde “Blumenstilleben”, das der deutsche Expressionist Lovis Corinth 1913 auf Leinwand bannte, in der guten Stube von Gustav und Emma Mayer. Auf der Flucht vor den Nazis ließ sich das jüdische Paar in Brüssel nieder. Doch auch hier marschierten die Deutschen ein. Zwar gelang es den Mayers und ihren drei Kindern, sich 1938 nach England abzusetzen, ihre Besitztümer aber blieben in einem Lagerhaus in Brüssel zurück – und wurden dort von den Nazis konfisziert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gemälde von dem Kunstexperten Leo Van Puyvelde geborgen: Er gehörte einem Alliierten Komitee zum Schutz und zur Restitution von Kulturgütern an. 1951 schließlich wurde das “Blumenstilleben” den Königlichen Museen übergeben.
“Ein emotionaler Moment”
71 Jahre später geht das Kunstwerk endlich wieder in die Hände der Familie Mayer über. Am Donnerstag (10.02.2022) wurde das Kunstwerk an die Erben der rechtmäßigen Eigentümer übergeben. Von der Familie selbst war niemand vor Ort, stattdessen nahm ihre Anwältin Imke Gielen die Eigentumsurkunde in Empfang. Sie sei sicher, dass dies ein sehr emotionaler Moment für ihre Klienten sei, sagte sie laut der belgischen Nachrichtenagentur Belga.
Es war das erste Mal überhaupt, dass die Königlichen Museen in Brüssel ein als Raubkunst deklariertes Kunstwerk zurückgegeben haben. Der zuständige Staatssekretär Thomas Dermine sprach von einem “starken Signal”: “Selbst Jahrzehnte später kann die Gerechtigkeit siegen.”
Zeitgleich wurde im Museum ein neuer Saal mit sieben Werken zweifelhafter Herkunft eröffnet, die wahrscheinlich im Zweiten Weltkrieg gestohlen wurden. Außerdem steht seit Neuestem eine Online-Datenbank mit rund 2.800 Kunstwerken zur Verfügung, die dem belgischen Staat nach dem Zweiten Weltkrieg in die Hände fielen. Sie soll dabei helfen, weitere mögliche rechtmäßige Besitzer zu ermitteln.
suc/pj (mit dpa/afp)