Wie der Streckennetzbetreiber Network Rail mitteilte, wurde der Betrieb auf den Hauptbahntrassen entlang der englischen Ostküste und in die Midlands komplett eingestellt. Die Menschen wurden aufgerufen, ihre Reisepläne zu ändern. “Wir treffen diese Entscheidungen nicht leichtfertig. Unsere Techniker arbeiten sehr hart daran, die Infrastruktur auf ihre Widerstandsfähigkeit angesichts dieser Rekordhitze zu prüfen und wir haben beschlossen, dass wir keine andere Wahl hatten, als sie zu sperren”, teilte Network Rail mit. Befürchtet wird, dass sich Gleise durch die extreme Hitze verformen könnten.
Erwartet werden in Teilen Englands im Laufe des Dienstags bis zu 42 Grad Celsius. Sollte sich das bestätigen, wäre es die höchste je gemessene Temperatur in Großbritannien. Der bisherige Temperaturrekord liegt bei 38,7 Grad und wurde 2019 in Cambridge gemessen. Der britische Wetterdienst Met Office hatte Ende vergangener Woche erstmals eine rote Wetterwarnung wegen Hitze ausgegeben. Die Nacht zum Dienstag war laut Met Office bereits die wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Regierung in London hat angesichts der Hitze den Notstand ausgerufen.
Reisewarnung auf der A13 bei Beckton im Osten Londons
Die extreme Hitze sorgte bereits am Montag am Londoner Flughafen Luton für erhebliche Störungen. Durch die hohen Temperaturen sei die Oberfläche des Rollfeldes beschädigt worden, teilte der Flughafen mit. Mehrere Flüge wurden gestrichen oder umgeleitet. Auch weiter im Westen auf der irischen Insel war es extrem heiß. In der irischen Hauptstadt Dublin wurden 33 Grad gemessen, der höchste Wert seit 1887.
40-Grad-Marke kann im Westen Deutschland geknackt werden
Insgesamt wandert das Hoch über Mitteleuropa, das für die Rekordtemperaturen verantwortlich ist, langsam weiter nord-ostwärts. Extreme Werte von um die 40 Grad werden an diesem Dienstag punktuell im Westens Deutschlands, im Osten Frankreichs und den Beneluxländern erwartet.
Im Zentrum von Amsterdam werden Straßen mit Wasser gekühlt
Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) sind Temperaturen von verbreitet 34 bis 38 Grad, im Südwesten und Westen bis zu 40 Grad möglich. Gesundheitsbehörden mahnen zur Vorsicht und raten: viel trinken und direkte Sonne vermeiden. Am Mittwoch werden die Temperaturen laut Meteorologen im Westen zurückgehen, dafür wird es in der Osthälfte heißer.
Abkühlung am und im Rhein in Köln
Verkehrseinschränkungen löst das hochsommerliche Wetter in Frankreich aus. Im Osten soll es bis zu 40 Grad heiß werden. Wegen einer durch Sonne und Hitze verursachten Luftverschmutzung verhängte die Region Grand Est im Osten des Landes Einschränkungen für Autofahrer. Zu den Maßnahmen zählt eine Temporeduzierung um 20 Stundenkilometer auf Autobahnen und Straßen mit zwei Richtungsfahrbahnen.
Derweil klingt die Hitzewelle im Westen des Landes voraussichtlich etwas ab und lässt die Bewohner an der Atlantikküste aufatmen. Der französische Wetterdienst Météo-France hob die höchste Hitze-Warnstufe für 15 Départements an der Atlantikküste auf. Für 73 der 101 Départements in Frankreich gilt jedoch weiterhin die zweithöchste Warnstufe.
Toxische Kombination – Hitze und Dürre
In der Nähe von Bordeaux kämpfen fast 1700 Feuerwehrleute weiter gegen die Brände, die nach Angaben der Behörden bislang rund 17.000 Hektar Wald zerstörten. In den umliegenden Gebieten mussten am Montag rund 16.000 Menschen in Sicherheit gebracht werden. Westlich von Bordeaux unweit der höchsten Sanddüne Europas, der Dune du Pilat, brannten fünf Campingplätze nach Behördenangaben “zu 90 Prozent ab”. 6000 Urlauber waren dort bereits vergangene Woche evakuiert worden.
Während sich im französischen Département Gironde Besucher am Strand vergnügen, brennen im Hintergrund Pinienwälder
In Italien sind von Hitze und schwüler Luft unter anderem Bozen, Brescia, Florenz und Perugia betroffen. Zudem sind die Feuerwehren weiter in Alarmbereitschaft und kämpfen landesweit gegen Wald- und Buschbrände. Der Zivilschutz auf Sizilien sprach für in einige Gegenden die höchste Gefahrenstufe für Waldbrände aus. Weiterhin brennt es auch in Teilen Spaniens und Portugals. Die seit etwa zehn Tagen wütenden Feuer zerstörten in Spanien bisher nach amtlichen Schätzungen insgesamt 25.000 Hektar Wald sowie Dutzende Häuser, Läden und Fabriken. In Portugal vernichteten nach Angaben der Naturschutzbehörde ICNF die Flammen in einer guten Woche rund 30.000 Hektar Wald.
Für Spanien und Portugal gibt es, wie für den Westen Frankreichs, aber eine gute Nachricht: Die Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 45 Grad, die die iberische Halbinsel schon seit dem 9. Juli im Griff hat, werde am heutigen Dienstag zu Ende gehen, versicherte der dortige Wetterdienst Aemet.
Schatten, egal wie. Besucher in Venedig, im Hintergrund Santa Maria della Salute
Verschärft wird die Lage in den Waldbrandgebieten durch eine in weiten Teilen Europas seit Monaten anhaltende Dürre. Ein Großteil der Fläche der Europäischen Union ist einem Bericht des gemeinsamen Forschungszentrums der EU-Kommission zufolge von Dürre bedroht. Ende Juni hatte für 46 Prozent eine Dürre-Warnstufe zwei, für 11 Prozent der Fläche sogar die höchste von drei Warnstufen gegolten. Schwere Dürre breite sich weiter aus und verschlimmere sich, heißt es in dem Bericht. Dies liege auch an mangelndem Niederschlag in Kombination mit Hitzewellen. Der Klimawandel erhöhe das Risiko für schwere Dürren und Waldbrände auf der ganzen Welt, betonte die für Forschung zuständige EU-Kommissarin Marija Gabriel.
Angenehme 29 Grad in Athen
Während die Menschen in West- und Mitteleuropa unter einer Hitzewelle stöhnen, herrschen in Griechenland angenehme Temperaturen um die 30 Grad. Für die Hitzewellen geplagte Hauptstadt Athen kündigte das Wetteramt Temperaturen um die 29 Grad an. Die Höchsttemperatur um die Mittagszeit wurde für die Ferieninsel Rhodos mit 32 Grad vorausgesagt.
qu/fab (dpa, afp, rtr)