Das Album “Supernatural” beschert dem Gitarristen, Sänger und Bandleader 1999 mit 52 Jahren ein furioses Comeback. Mit acht Grammy-Auszeichnungen ist es nicht nur eines der erfolgreichsten Alben von Carlos Santana, es gehört auch zu den meist verkauften Musikalben weltweit. Trotzdem ist es nur einer der Höhepunkte einer langen und bewegten Musiker-Karriere. An diesem Mittwoch feiert Santana seinen 75. Geburtstag.
Idole von T-Bone Walker bis Ray Charles
Am 20. Juli 1947 kommt Carlos als Sohn eines Mariachi-Musikers im mexikanischen Autlán de Navarro auf die Welt. Das erste Instrument des später für seine Blues-Gitarrensoli und -Riffs auf der E-Gitarre bekannten Musikers ist eine Violine, die er bereits mit fünf Jahren erhält. Gitarre lernt er erst mit acht. Als Kind hört Santana, der später die US-amerikanische Staatsbürgerschaft annimmt, die Musik des US-amerikanischen Rockers Ritchie Valens.
Valens verbindet seine mexikanischen Wurzeln mit einem rockigen Beat – so zum Beispiel 1958 in dem Hit “La Bamba”. Santana ahnt zu dem Zeitpunkt nicht, dass auch er eines Tages eine Pionierrolle im Latin-Rock spielen wird. Seine anderen Idole sind B.B. King, T-Bone Walker, Ray Charles und schließlich John Lee Hooker, dessen Einfluss in Santanas Gitarrenklängen nicht zu überhören ist.
Santanas Markenzeichen: klagende Gitarrensoli
Santanas Familie zieht nach San Francisco, wo Carlos die High School beendet. Einem Studium kann er nichts abgewinnen, stattdessen nimmt er einen Job als Tellerwäscher an, verdient sich ein wenig Taschengeld als Straßenmusiker und nutzt ansonsten jede Gelegenheit, um in Bands zu spielen.
Das San Francisco der 1960er-Jahre – eine Zeit voller politischer und sozialer Bewegungen – hat großen Einfluss auf Santana, sowohl auf seine musikalische Entwicklung als auch hinsichtlich seiner politischen Gesinnung. “Mahatma Gandhi, Malcolm X, Martin Luther King, Che Guevara, Mutter Teresa – sie waren die Anführer einer Revolution des Bewusstseins”, so Santana über diese Zeit. “Die Beatles, die Doors, Jimi Hendrix – sie waren die Revolution. Ihre Musik war wie die Werke Dalís: voller Farben und mit revolutionären Ansätzen.”
Schlüsselmoment von Santanas Musikkarriere
Der Durchbruch gelingt Santana 1966. Im Fillmore West, einer beliebten Rockhalle in San Francisco, wird er spontan auf die Bühne geholt, um einen betrunkenen Musikerkollegen zu ersetzen. Sein Auftritt lässt das Publikum und einen Produzenten aufhorchen. Kurz danach gründet Santana die “Santana Blues Band”, später bekannt unter dem Namen “Santana”. Er unterschreibt einen Vertrag mit dem Label Columbia Records und beginnt, die Welt mit seinem typischen Sound und seinen langen, singenden Gitarren-Soli zu begeistern.
1969 spielt Santana beim legendären Festival in Woodstock, hier mit dem Bassisten David Brown
Im August 1969 tritt Santana mit seiner Band beim legendären Woodstock Festival auf und veröffentlicht das Album “Evil Ways”, das Platz 4 in den US-Charts erreicht. In den nächsten Jahren folgen weitere Auftritte und Alben, darunter Hits wie “Oye Como Va” und “Black Magic Woman”.
Ausflug in die Spiritualität
Doch auch Krisen bleiben nicht aus. Die Band hat mit vielen Konflikten zu kämpfen: musikalische Meinungsverschiedenheiten, Drogenmissbrauch und finanzielle Probleme. 1973 entdeckt Santana das Meditieren für sich. Die spirituelle Welt sagt ihm zu und er nimmt den Namen “Devadip” an, was so viel bedeutet wie “die Lampe, das Licht und das Auge Gottes”.
Zur gleichen Zeit wandelt sich auch sein musikalischer Stil – hin zu Jazz Fusion mit Einflüssen ostindischer Musik. Die Kritiker loben die Veränderung, die Verkaufszahlen jedoch fallen. Nach einem Streit mit seinem Guru kehrt Santana 1982 der Spiritualität den Rücken und konzentriert sich wieder auf den kommerziellen Erfolg. Er geht weiter auf Tour, der große Erfolg aber stellt sich erst Ende der 1990er-Jahre wieder ein.
In den 1980er-Jahren kehrt Santana der Spiritualität den Rücken
1999 produziert Santana mit der Rockband “Matchbox Twenty” um Sänger Rob Thomas den Cha-Cha-Rock-Hit “Smooth”. Der Song lässt, wie in den früheren Santana-Songs, viel Raum für klagende Gitarrensoli und vereint lateinamerikanische Instrumente mit Rock. Neben “Smooth” erscheint auch der Hit “Maria Maria” auf Santanas Album “Supernatural”, das sich weltweit fast 27 Millionen Mal verkauft. Santana gewinnt acht Grammys, darunter auch die Auszeichnung für das “Album of the Year”.
Weltmusiker, Weltaktivist
Santana ist nicht nur ein universaler Künstler, sondern auch ein globaler Aktivist. 1998 gründet der Rockmusiker mit seiner Familie die “Milagro Foundation”, die benachteiligte Kinder in den Bereichen Kunst, Bildung und Gesundheit fördert.
In seinen 2004 erschienenen Memoiren “The Universal Tone: Bringing my Story to Light” schildert Santana seine persönliche Reise und seine Auffassung, dass jeder Mensch ein unendliches Potenzial in sich trägt. “Liebe ist das Licht, das jeder von uns in sich trägt”, schreibt er und lässt damit auch seine spirituelle Seite wieder durchscheinen.
Santana ist in zweiter Ehe mit der Schlagzeugerin Cindy Blackman verheiratet. Aus seiner langjährigen Ehe mit Deborah King hat der Musiker drei erwachsene Kinder. Zur Ruhe setzen will sich Carlos Santana noch nicht, regelmäßig tritt er live auf. Zuletzt sorgten sich seine Fans Anfang Juli um die Gesundheit des Gitarristen, nachdem er bei einem Auftritt in Detroit auf der Bühne kollabiert war. Kurz darauf gab Santana Entwarnung: Er hatte trotz großer Hitze zu wenig getrunken.