Seit August gilt Deutschland aus britischer Sicht als grünes, also sicheres Reiseland. Diese Meldung löste große Erleichterung bei meiner Familie aus. Meine Tochter, die an einer schottischen Universität studiert und uns zur Weihnachtszeit in Deutschland besucht hatte, konnte bisher wegen diverser Lockdowns und verschärfter Einreisebestimmungen nicht dorthin zurückkehren. Monatelang war sie in Deutschland gestrandet und musste ihr Studium aus der Ferne fortführen.
Die Ausbreitung der Delta-Variante und die Aussicht, nach der Einreise tagelang in einem teuren Quarantäne-Hotel verbringen zu müssen, hatten eine frühere Reise nach Großbritannien verhindert.
Endlich mal wieder in Schottland – auf der Greig Street Bridge in Inverness
Angesichts vereinfachter Einreisebestimmungen beschlossen wir nun also nach Schottland zu fahren, um das Hab und Gut meiner Tochter aus ihrer Studentenwohnung nach Deutschland zu transportieren. Wir wollten über die Niederlande mit der Fähre nach England übersetzen und nach Schottland weiterreisen.
Damals wie heute gelten die Niederlande aus britischer Sicht als epidemiologisch bedenklich, weshalb ungeimpfte Einreisende nach Ankunft in Quarantäne müssen. Da meine Tochter und ich aber vollständig geimpft sind, mussten wir uns nur auf einen PCR-Test zwei Tage nach Ankunft einstellen.
Weil ich mich als DW-Redakteurin in den letzten Monaten häufig mit den Einreiseregeln und Corona-Restriktionen in Europa beschäftigt hatte, fühlte ich mich bestens vorbereitet für unseren fünftägigen Roadtrip nach Schottland. Zumal meine Tochter und ich beide die deutsche und britische Staatsbürgerschaft besitzen, was das Reisen erleichtern sollte.
Formulare und Tests – Roadtrip mit Hindernissen
Vor Abfahrt gab es dennoch einiges zu organisieren – hatte ich auch wirklich an alles gedacht? Vorab würden wir ein Lokalisierungsformular ausfüllen und bei Ankunft in England dann ein negatives, maximal 48 Stunden altes Testergebnis vorweisen müssen. Dankenswerterweise sind Antigen-Schnelltests in Deutschland kostenfrei (noch). Zwei Tage nach Einreise würden wir dann auf eigene Kosten einen PCR-Selbsttest durchführen müssen.
Solche Tests, die zwischen 50 und 140 Euro kosten, kann man vorab reservieren und an eine britische Postanschrift verschicken lassen. Schließlich würden wir ein weiteres Einreiseformular an der britischen Grenze ausfüllen müssen.
Ich bestellte also jeweils ein PCR-Testset für meine Tochter und mich. Dann machte mich daran, das Lokalisierungsformular auszufüllen. Leichter gesagt als getan – selten musste ich einen so komplizierten Fragebogen ausfüllen. Erschwerend kam hinzu, dass falsche Angaben mit hohen Geldstrafen geahndet werden. Doch fragte ich mich, wie Einreisende, deren Muttersprache nicht Englisch ist, damit zurechtkommen würden.
Ohne Formalitäten geht gar nichts – Reisen in Corona-Zeiten
Für (fast) alles gewappnet
Endlich war der Abreisetag gekommen. Wir fuhren zum nahe gelegenen Drive-In Testzentrum, machten einen Abstrich und setzten unsere Autofahrt fort. Zu meiner Erleichterung erhielt ich kurz darauf mein negatives Ergebnis per E-Mail. Soweit so gut.
Im Fährhafen von Rotterdam mussten wir sämtliche Reisedokumente vorlegen, wurden anschließend von niederländischen Grenzbeamten kontrolliert und aufgefordert, unserer britischen Pässe vorzulegen. Zu unserer Überraschung erkundigte sich der Beamte nach unserem deutschen Aufenthaltstitel. Denn seit dem Brexit müssen Briten, die in der EU leben, ihren dortigen Wohnsitz nachweisen. Wieder was gelernt.
Erste Etappe geschafft – rechtzeitig die Fähre von Rotterdam nach Hull erreicht
Wir waren froh, es rechtzeitig auf die Fähre nach Hull geschafft zu haben. Sie zu verpassen wäre ärgerlich und teuer gewesen. Weder das Fährticket noch unsere schottische Unterkunft noch die beiden vorbestellen PCR-Selbsttests sind erstattungsfähig.
Von England nach Schottland
Nach Ankunft in Hull fanden wir uns in einer langen Warteschlange wieder. Nur langsam bewegten sich die Fahrzeuge vorwärts, da sich alle Insassen ausweisen und vom Grenzpersonal zu Einreisegrund, Aufenthaltsdauer und Wohnsitz befragen lassen mussten. Nach achtstündiger Autofahrt mussten wir bei der Ankunft in Schottland leider feststellen, dass man uns nur einen statt zwei PCR-Testsets an die Zieladresse geschickt hatte. Mein personalisierter Test war angekommen, nicht aber der für meine Tochter.
Immer noch Lieferschwierigkeiten – leere Regale in den Supermärkten
Während unseres Aufenthalts in den schottischen Highlands wurde schnell deutlich, dass sich die lokale Tourismusbranche vom monatelangen Lockdown erholt. Das liegt vor allem an den Briten selber, die im Norden Schottlands Urlaub machen. Restaurants waren gut besucht, obwohl viele aufgrund von Lieferengpässen nur ein beschränktes Speiseangebot hatten. Eine Smoothie-Verkäuferin erzählte mir, dass Kunden derzeit nur zwei Getränke zur Wahl stünden, weil Früchte und Fruchtsäfte wegen anhaltender Lieferprobleme Mangelware sind. Ein ähnliches Bild zeigte sich in schottischen Supermärkten, wo leere Regale keine Seltenheit waren.
Zurück auf dem Kontinent
Nachdem wir das Auto mit den Habseligkeiten meiner Tochter beladen, und zuvor einen Teil davon verschenkt hatten, machten wir uns auf den langen Weg zurück nach Deutschland. Am Fährhafen mussten wir für umgerechnet 80 Euro zwei weitere Corona-Tests vornehmen, um in die Niederlande einzureisen – das Ergebnis meines ersten PCR-Selbsttest war noch immer nicht eingetroffen und meine Tochter hatte ihren bestellten Test-Set nie erhalten.
Warten auf das Testergebnis in Hull vor der Rückfahrt nach Rotterdam
Nach weiteren Formularen und der Wartezeit auf die negativen Testergebnisse durften wir wieder mit dem Auto auf die Fähre.
Eigentlich erfreut sich die Nachtfähre von Hull nach Rotterdam zu dieser Jahreszeit großer Beliebtheit bei Pärchen und Familien, bietet sie doch Annehmlichkeiten wie auf einer Kreuzfahrt. Schließlich gibt es an Bord ein Restaurant und eine Bar, die zum Verweilen einladen.
Diesmal herrschte auf der Fähre allerdings eine eher gedämpfte Stimmung. Neben wenigen Familien mit jungen Kindern waren vor allem alleinreisende Männer an Bord. Wir mutmaßten, dass das vielleicht einige der in Großbritannien fehlenden Lkw-Fahrer sein könnten. Außerdem war das gastronomische Angebot stark eingeschränkt.
Bei Ankunft in Rotterdam mussten wir uns wie gewohnt ausweisen und die Zollkontrolle passieren. Der Grenzübertritt gestaltete sich ausgesprochen unkompliziert, in kürzester Zeit konnten wir die Fahrt fortsetzen. Und waren froh, unsere Reise mit Hindernissen zum Ende gebracht zu haben.