Bis zur 24. Schwangerschaftswoche dürfen Frauen jetzt ohne Angabe von Gründen den Fötus abtreiben. Das Verfassungsgericht in Bogota veröffentlichte eine entsprechende Mitteilung.

Zuvor war der Abbruch von Schwangerschaften im vorwiegend katholischen Kolumbien nur in besonderen Fällen erlaubt gewesen, etwa nach einer Vergewaltigung, Lebensunfähigkeit des Fötus oder bei Gefahr für das Leben der Mutter.  Nach der 24. Schwangerschaftswoche gelten weiter die bisherigen Gründe für eine legale Abtreibung.

Höchstrichterliche Entkriminalisierung

In einer Klage hatten Frauenrechtlerinnen argumentiert, die geltende Rechtslage diskriminiere Frauen mit geringem Einkommen, weil sie weniger Zugang zu Ärzten, Anwälten oder Psychologen hätten, die ihnen helfen könnten, eine Abtreibung zu erreichen. Schätzungen zufolge gab es in Kolumbien zuletzt pro Jahr rund 400.000 heimliche Abtreibungen.

“Wir feiern dieses Urteil als einen historischen Sieg für die Frauenbewegung in Kolumbien, die seit Jahrzehnten für die Anerkennung ihrer Rechte kämpft”, sagte die Regionalchefin von Amnesty International, Erika Guevara Rosas. “Es ist ein weiteres Beispiel für das unaufhaltsame Fortschreiten der grünen Welle in Lateinamerika.” Grüne Tücher sind das Erkennungsmerkmal der Kampagne für legale, sichere und kostenlose Abtreibungen.

Kolumbien Feier für die Entkriminalisierung der Abtreibung

Der katholische Glaube und Schwangerschaftsabbrüche sind für Kolumbiens Frauen vereinbar

Eine im vergangenen Jahr in Kolumbien durchgeführte Umfrage hatte ergeben, dass 25 Prozent der Befragten Abtreibung für ein Verbrechen halten, während 42 Prozent dieser Aussage nicht zustimmen. In Kolumbien können Frauen, die illegal abtreiben lassen, mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden.

In Argentinien war Ende 2020 ein Gesetz zur Liberalisierung der Abtreibung bis zur 14. Schwangerschaftswoche verabschiedet worden. In den meisten anderen, ebenfalls christlich geprägten lateinamerikanischen Ländern sind Schwangerschaftsabbrüche nur in Ausnahmefällen erlaubt. Ecuador brachte in der vergangenen Woche ein Gesetz auf den Weg, das die Abtreibung nach einer Vergewaltigung erlaubt. In Chile scheiterte ein Gesetz zur Liberalisierung der Abtreibung Ende vergangenen Jahres vorerst.

In Uruguay, Kuba, Guyana, Französisch-Guyana und in Teilen Mexikos können Frauen legal eine Schwangerschaft abbrechen. In El Salvador, Nicaragua, Honduras und der Dominikanischen Republik sind Abtreibungen grundsätzlich verboten und werden mit Freiheitsstrafen geahndet. Selbst Fehlgeburten werden in El Salvador mit drastischen Strafen belegt.

qu/ww (dpa, ap, afp)