Nein. Es ist nicht die mRNA. Das vielleicht vorab. Stattdessen wird’s in Schweden heute heiß.
Stellen wir uns vor: Eine Hand, die auf einer heißen Herdplatte verweilt, weil sie die Hitze nicht spürt. Ein Fuß, der nicht vor den anderen gesetzt werden kann, weil seine Position im Raum dem Laufenden nicht bekannt ist. Die Konsequenz: Brandblasen und Stillstand. Und ziemlich schnell dann auch der Tod unserer Spezies.
Dass wir diesen bislang erfolgreich abwehren konnten, liegt nicht zuletzt an unserer Fähigkeit, Temperatur, Berührung und die Stellung unseres Körpers im Raum wahrzunehmen. Diese „ist überlebenswichtig und untermauert unsere Interaktion mit der Welt um uns herum“. So begründete das Nobelpreiskomitee heute seine Wahl der diesjährigen Preisträger David Julius und Ardem Patapoutian. Und begibt sich damit tief in die Grundlagen unseres menschlichen Daseins: Wie nehmen wir die Welt um uns herum wahr? Und wie nehmen wir uns selbst in dieser Welt wahr?
Medizin macht nur den Auftakt
Die Bekanntgabe stellt den Auftakt einer preisträchtigen Woche dar: Am Dienstag werden die Preisträger im Fach Physik bekanntgegeben, am Mittwoch im Fach Chemie. Am Donnerstag und Freitag folgen Literatur- und Friedensnobelpreis. Am kommenden Montag werden der oder die Preisträger der in Gedenken an Alfred Nobel seit 1969 zusätzlich vergebenen Ehrung für Wirtschaftswissenschaften verkündet, die von der Schwedischen Reichsbank gestiftet wird.
Dynamit und Sprenggelatine – damit machte sich Alfred Nobel einen Namen und kam zu einem stattlichen Vermögen. Ob es das schlechte Gewissen aufgrund dieser explosiven Erfindungen war, der Wunsch, den wirtschaftlichen Gegenwind, den Forschende häufig erfahren, auszugleichen, oder die Anregung der österreichischen Friedensforscherin Bertha von Suttner, was Nobel bewog, knapp 94 Prozent seines Vermögens nach seinem Tod in eine Stiftung zu überführen, wird wohl Teil des Nobel-Mythos bleiben. Klar ist, dass der Erfinder und Unternehmer 1895 in seinem Testament festlegte, dass aus den Zinsen seines Vermögens Preise für diejenigen finanziert werden sollten, die “im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen geleistet haben”. Die fünf von ihm vorgeschlagenen Kategorien haben bis heute Bestand.
Verleihung am 10. Dezember
Der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin wurde seit 1901 bislang 111 Mal verliehen: 222 Preisträgern kam die Ehre zu – darunter zwei Ehepaare und sage und schreibe zwölf Frauen. Neun Mal fiel die Preisvergabe aus, teils kriegsbedingt, teils aus Mangel an ehrwürdigen Entdeckungen. Im vergangenen Jahr erhielten die US-Forscher Harvey J. Alter, Michael Houghton und Charles M. Rice die Ehrung für die Entdeckung des Hepatitis-C-Virus.
Ausgewählt werden die Preisträger für Physiologie oder Medizin vom Karolinska-Institut in Stockholm. Gemäß der Statuten dürfen pro Preis maximal drei Forscher gewürdigt werden. Die Heerschar der Nominierten herauszufinden, die in der Vergangenheit leer ausgingen, ist praktisch unmöglich – über diese hüllt sich die Stiftung 50 Jahre lang in Schweigen.
Die diesjährigen Preisträger erhalten ein Preisgeld von zehn Millionen Schwedischen Kronen (rund 980.000 Euro), eine Nobelmedaille sowie ein individuell von schwedischen Künstlern und Kalligraphen gestaltetes Diplom. Freuen dürfen sie sich schon heute. Verliehen aber wird der Nobelpreis – wie jedes Jahr – erst an Alfred Nobels Todestag, dem 10. Dezember. Und pandemiebedingt nicht in Schweden, sondern zu Hause.
Weitere Informationen über den diesjährigen Preis und die Preisträger in Kürze hier.