“Museum mit Knick” nennt es die Presse – wegen seiner Fassade, die eine ungewöhnliche Form aufweist. Das neue Museum in Oslo, das am Freitag (22.10.) feierlich eingeweiht wurde, widmet sich nur einem Künstler: Edvard Munch. “Edvard Munch gehört uns allen”, sagte der 84-jährige König Harald, der das Gebäude offiziell eröffnete. “In der ganzen Welt haben die Menschen eine Beziehung zu Munchs Kunst. In seinen Bildern erkennen wir uns selbst, unsere eigenen Licht- und Schattenseiten.” Das Durchschneiden des roten Bandes überließ er der Kunstkennerin Königin Sonja. Der expressionistische Maler (1863-1944), weltberühmt vor allem für sein Motiv “Der Schrei”, hat der Stadt Oslo rund 27.000 Kunstwerke vermacht. Insgesamt verwaltet das Museum eine Sammlung von 42.000 Objekten. Neben Gemälden auch Papierarbeiten, Aquarelle, Zeichnungen, Drucke, Skulpturen und Fotografien. Munchs künstlerischer Output war beeindruckend. Über seine Arbeitsweise sagte der Künstler einmal: “Ich male nicht, was ich sehe, ich male, was ich sah.” Eine Losung, die sich Expressionisten und Symbolisten in ganz Europazu Eigen machten. Beispiellos ist es Munch gelungen, abgrundtiefe Verzweiflung, Einsamkeit und bleierne Melancholie auf der Leinwand festzuhalten.

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Meisterwerke revisited: Edvard Munch

Altes Museum platzte aus allen Nähten

Im alten Museum im Osloer Stadtteile Tøyen konnte nur ein Bruchteil vom Gesamtwerk gezeigt werden, denn das Gebäude war viel zu klein. Der größte Teil fristete sein Dasein im Depot. Das soll sich nun ändern. Neben den elf Ausstellungssälen gibt es Orte für Konzerte, Vorträge, Debatten und Aufführungen, ein Kino, Workshops für Kinder, eine Forschungsbibliothek sowie Restaurants und Cafés. Das Munch-Museum öffnet wegen der Corona-Pandemie ein Jahr verspätet. Durch die Fassade aus perforierten Aluminiumplatten sieht man sowohl den Fjord als auch die Silhouette des modernen Oslos. In dem Viertel rund um den Hauptbahnhof wurde in den vergangenen zehn Jahren eine ganze Reihe neuer Büro- und Wohngebäude errichtet. Der Knick im oberen Drittel des 300 Millionen Euro teuren Gebäudes soll übrigens eine “respektvolle Verbeugung vor der Oper, der Stadt und der Kunst an sich” sein, wie es Museumsdirektor Stein Olaf Henrichsen formuliert. Die Form ähnelt dem elften Buchstaben des griechischen Alphabets, die Architekten haben dem Projekt deshalb den Namen Lambda gegeben.

Munchs Der Schrei

“Der Schrei” ist das bekannteste Bildmotiv des norwegischen Malers

Keine nachhaltige Architektur

Doch das neue Haus weckt nicht nur Begeisterung in Oslo. Schon vor der Eröffnung sorgte die vom spanischen Büro Estudio Herreros und dem deutschen Architekt Jens Richter entworfene Architektur für Häme. Als am Mittwoch (20.10.) erstmals Fachpublikum Zugang erhielt, fiel das Urteil ebenfalls wenig schmeichelhaft aus, wie in der Onlineausgabe der Tageszeitung “Dagbladet Oslo” zu lesen war. “Ich habe viel Erfahrung mit Museen, da ich während meiner gesamten Karriere Museen in Skandinavien und Europa besucht habe, und ich habe noch nie etwas erlebt, das sich so billig anfühlt wie das neue Museum”, wird dort der Architekturprofessor Charles Alexander Booker zitiert. Anderer Meinung ist Museumsdirektor Stein Olaf Henrichsen. “Vergiss alles, was du über Museen gelernt hast, das hier ist etwas ganz anderes”, schwärmte er bei der Presseeröffnung. In dem neuen Gebäude, das majestätisch im Fjord direkt neben der spektakulären Oper von Oslo thront, gibt es auf jeden Fall viel Platz: 13 Etagen und eine Bruttofläche von 26.000 Quadratmetern. Sieben Etagen sind der Kunst vorbehalten. In welcher Reihenfolge die Besucher die elf Ausstellungsäle durchschreiten, ist nicht vorgeschrieben. “Jeder soll seinen eigenen Weg zu Munch finden”, steht im Ausstellungstext an der Wand in der dritten Etage. Das Museum präsentiert Munchs Lebenswerk: unfertig, experimentell und rätselhaft – eine Reise durch die Gedankenwelt eines bemerkenswerten Künstlers.