• Biden äußert sich beim Quad-Gipfel in Tokio zur Ukraine 
  • Stoltenberg: Können jede Aggression sofort beantworten
  • Selenskyj ist einer der “100 einflussreichsten Menschen”
  • Ukraine betont ein Recht auf Waffenhilfe
  • Dänemark liefert Harpoon-Raketen an die Ukraine
  • Wirtschaftsminister Habeck erwartet ein baldiges Ölembargo

 

Bei einem Gipfeltreffen vier führender Demokratien des Indopazifik-Raums hat US-Präsident Joe Biden den russischen Angriffskrieg in der Ukraine als globale Herausforderung bezeichnet. “Das ist mehr als nur eine europäische Angelegenheit, es ist ein globales Problem”, sagte Biden in Tokio. “Wir bewegen uns durch eine dunkle Stunde unserer gemeinsamen Geschichte”, fügte er hinzu. Neben Japan, Australien und den USA nahm an den Beratungen auch Indien teil, das in Bezug auf den Ukraine-Krieg eine neutrale Haltung einnimmt und westliche Sanktionen nicht mitträgt. Die Regierung in Neu Delhi hat traditionell gute Beziehungen zum Kreml und kauft viele russische Rüstungsgüter. 

Biden traf sich im Anschluss auch noch separat mit dem indischen Premier Narendra Modi. Nach dem Gespräch erklärte das Weiße Haus, Biden habe “Russlands nicht zu rechtfertigenden Krieg gegen die Ukraine verurteilt”. Zu Modis Haltung gab es in der US-Mitteilung jedoch keine Angaben. 

Von der Leyen: Russlands Verhalten erinnert an “dunkle Vergangenheit”

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat mit Blick auf den russischen Umgang mit Getreide in der Ukraine Parallelen zur Sowjetzeit gezogen. Das russische Verhalten erinnere einige an eine dunke Vergangenheit – an die Zeiten der sowjetischen Beschlagnahme der Ernten und der verheerenden Hungersnot der 1930er Jahre. 

Schweiz | Weltwirtschaftsforum Davos - Ursula von der Leyen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht von einem beschämenden Vorgehen Russlands

Moskau setze nicht nur die Energieversorgung als Waffe ein, bei der Ernährungssicherheit zeichne sich ein ähnliches Muster ab. Russland bombardiere bewusst Getreidelager in der Ukraine und blockiere ukrainische Schiffe mit Weizen und Sonnenblumenkernen im Schwarzen Meer. “Dahinter steckt nur ein Gedanke: Russland nutzt Hunger und Getreide, um Macht auszuüben”, sagte von der Leyen beim Weltwirtschaftsforum in Davos. 

Dadurch schössen die Weizenpreise weltweit in die Höhe. Am stärksten betroffen seien schwache Länder und gefährdete Bevölkerungsgruppen. So seien etwa die Brotpreise im Libanon um 70 Prozent gestiegen. “Die Zeichen einer wachsenden Ernährungskrise sind deutlich sichtbar.” 

Stoltenberg: Können jede Aggression sofort beantworten

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat nochmals den Willen und die Fähigkeit der Allianz bekräftigt, einer Aggression Russlands entgegenzutreten. “Wir können jede Aggression sofort beantworten”, sagte Stoltenberg in Davos. Zugleich betont er: “Wir möchten keinen Konflikt provozieren, wir wollen Frieden.” Russlands Präsident Wladimir Putin habe weniger NATO an seinen Grenzen gewollt und dafür einen Krieg provoziert. “Jetzt bekommt er mehr NATO an seinen Grenzen”, sagte Stoltenberg mit Blick auf den von Finnland und Schweden angestrebten Beitritt zu dem Verteidigungsbündnis.

“Time Magazine” listet Selenskyj  

Das in New York erscheinende “Time Magazine” hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf die Liste der 100 einflussreichsten Menschen des Jahres 2022 gesetzt. “Mit Präsident Selenskyj haben die Menschen in der Ukraine ein Staatsoberhaupt, das ihrer Tapferkeit und ihrer Widerstandsfähigkeit würdig ist”, schrieb US-Präsident Joe Biden dazu. Im russischen Krieg gegen sein Land habe Selenskyj “seine Spuren in der Geschichte hinterlassen”. Auch der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Walerij Saluschnyj, schaffte es auf die Liste, die “Time” jährlich seit 1999 veröffentlicht.

Ukraine Kiew | Wolodymyr Selenskyj

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj

Selenskyj fordert moderne Luftabwehr

Präsident Selenskyj hat in seiner täglichen Videobotschaft moderne Raketenabwehrwaffen und Kampfflugzeuge gegen russische Angriffe gefordert. Viele Menschen wären “nicht gestorben, wenn wir alle Waffen erhalten hätten, um die wir bitten”. Die Ukraine habe seit dem Kriegsbeginn am 24. Februar bereits 3000 Luftangriffe und annähernd 1500 Raketenangriffe hinnehmen müssen. Die große Mehrheit der Angriffe habe zivilen Objekten gegolten.

Haubitzen des Typs M777 der US-Streitkräfte werden auf einem Luftwaffenstützpunkt in Kalifornien für den Transport in die Ukraine bereitgestellt

Haubitzen des Typs M777 der US-Streitkräfte, die für die Ukraine bereitgestellt wurden

Der Kampf seines Landes gegen Russland diene dem “Schutz der gemeinsamen Werte aller Länder in der freien Welt”, sagte Selenskyj weiter. Deshalb habe sein Land ein Recht auf Waffenhilfe. Im Osten der Ukraine, wo die russische Armee ihre Aktivitäten konzentriert habe, bleibe die Lage schwierig.

Schwere Gefechte im Osten

Russische Truppen streben im Donbass ukrainischen Angaben zufolge weiterhin die vollständige Eroberung des Gebiets Luhansk an. “Der Feind hört nicht auf anzugreifen”, teilte der ukrainische Generalstab mit. Insbesondere werde versucht, die strategisch wichtigen Städte Sjewjerodonezk und
Lyssytschansk einzukreisen. Auch um die Stadt Bachmut im Gebiet Donezk werde weiter heftig gekämpft. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

20 Staaten versprechen mehr Hilfe

In der westlichen Ukraine-Kontaktgruppe haben 20 Staaten weitere Waffenlieferungen oder andere Hilfen an die Ukraine zugesagt. “Viele Länder spenden dringend benötigte Artilleriemunition, Küstenverteidigungssysteme, Panzer und andere gepanzerte Fahrzeuge”, sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin nach dem zweiten Treffen. Hilfspakete hätten unter anderem Italien, Griechenland, Norwegen und Polen versprochen. 

Dänemark wird der Ukraine Anti-Schiffs-Raketen des Typs Harpoon liefern. Damit könnten die Küsten verteidigt werden, erklärte Austin. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte vergangene Woche von Plänen berichtet, die Ukraine mit fortgeschrittenen Anti-Schiffs-Raketen auszustatten. Dabei wurde die vom US-Konzern Boeing hergestellte Harpoon mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern als Waffensystem genannt, mit dem die Ukraine die russische Blockade ihrer Häfen brechen könnte. Diese Blockade beeinträchtigt etwa ukrainische Getreidelieferungen für den Weltmarkt. Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte Portugal im April um die Lieferung von Harpoon-Raketen gebeten.

Derweil hat Kolumbien angeboten, ukrainische Militärs zu Minenräumern auszubilden. Das südamerikanische Land ist nach 60 Jahren Bürgerkriegs-ähnlicher Kämpfe eines der Länder mit der größten Dichte an Minenfeldern.

Asow-Gefangene: “Wir müssen sie austauschen”

Die in der Hafenstadt Mariupol gefangen genommenen ukrainischen Soldaten sollen nach dem Willen von Präsident Selenskyj ausgetauscht werden. Das sei eine politische Entscheidung, die von der Unterstützung vieler Staaten abhänge. “Wir müssen sie austauschen”, sagte Selenskyj. Alle UN-Mitglieder – insbesondere die, die mit solchen Angelegenheiten Erfahrung hätten – sollten sich einschalten.

Ein verwundeter Asow-Kämpfer vor der Kapitulation in der Bunkeranlage des Mariupoler Stahlwerks (Archivfoto vom 10. Mai)

Ein verwundeter Asow-Kämpfer vor der Kapitulation in der Bunkeranlage des Mariupoler Stahlwerks (Archiv)

Im Stahlwerk von Mariupol im Süden der Ukraine hatten sich am Freitagabend nach wochenlanger Belagerung die letzten von mehr als 2400 ukrainischen Kämpfern ergeben. Als Kriegsgefangene genießen sie nun eigentlich Schutz. Von russischer Seite gibt es aber auch Forderungen, sie vor Gericht zu stellen.

Ukrainischer Berater: Haben Hauptziel in Mariupol erreicht

Trotz der Einnahme der Hafenstadt Mariupol durch russische Truppen sieht ein Berater des ukrainischen Verteidigungsministers das militärische Hauptziel dort als erreicht an. Jurij Sak sagte im ARD-Fernsehen: “Das Hauptziel wurde erreicht in Mariupol. Es war, die russischen Gruppierungen zurückzuhalten, (…) mehr als 20.000 russische Soldaten. Und das wurde möglich gemacht Dank der Heldentaten der Verteidiger von Mariupol und der Verteidiger, die später in Azovstal waren.” Dadurch hätten die russischen Truppen keine anderen Gebiete im Osten der Ukraine erobern können. Die Soldaten im belagerten Stahlwerk Azovstal hätten den Ukrainern Zeit gegeben, sich neu zu gruppieren und mehr Militärhilfe von ihren internationalen Partnern zu erhalten. Der Berater fügte hinzu: Die Ukraine werde den Krieg als gewonnen ansehen, wenn sich die russischen Truppen an die Grenzen zurückzögen, die vor dem Beginn des Angriffs am 24. Februar gültig waren. Eine Rückgabe der Krim müsse Teil von Verhandlungen sein.

Pussy Riot will Importstopp für russische Energie

Die Musikerinnen der russischen Punkband Pussy Riot fordern einen Importstopp für russisches Gas und Öl. Das Geld für den Krieg in der Ukraine komme aus Europa, sagten die Aktivistinnen in den ARD-“Tagesthemen”. Solange Gas und Öl in Russland gekauft würden, könne der Krieg nicht gestoppt werden.

Die russische Punkband Pussy Riot im Tagesthemen-Interview mit Moderator Ingo Zamperoni

Die russische Punkband Pussy Riot in den “Tagesthemen”

Bandmitglied Maria Aljochina bezeichnete den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Kriegsverbrecher, der vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu Verantwortung gezogen werden müsse. Die Band ist gerade auf einer “Pussy Riot Anti-War Tour” in Europa unterwegs.

Öl-Embargo gegen Russland “in greifbarer Nähe”

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erwartet, dass die EU bald ein Öl-Embargo gegen Russland verhängen wird. Ein Öl-Embargo sei “in greifbarer Nähe”, sagte der Grünen-Politiker im ZDF-“heute journal”. In den laufenden Gesprächen hätten zuletzt nur noch wenige Staaten “Probleme angemeldet”, vor allem Ungarn.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck beim Weltwirtschaftsforum in Davos

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck beim Weltwirtschaftsforum in Davos

Die EU-Mitgliedstaaten seien unterschiedlich abhängig von russischem Öl, fügte Habeck hinzu. Daher könne die EU auch auf Ungarn Rücksicht nehmen. “Dann muss allerdings auch in Ungarn was passieren.”

Lawrow will sich Eurasien zuwenden

Der russische Außenminister will die Wirtschaftsbeziehungen seines Landes zu China beschleunigen. Angesichts der “diktatorischen Position” des Westens gegenüber Russland werde sich Moskau nur auf sich selbst und auf diejenigen Staaten verlassen, die “ihre Zuverlässigkeit bewiesen haben”, sagte Sergej Lawrow den Staatsagenturen Ria und Tass.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow

Russlands Außenminister Sergej Lawrow

Die Zukunft sieht Lawrow in der Region Eurasien. Neben China nannte er auch Indien und den Iran als wichtige Partner. Auf westliche Lieferungen sollte sich Russland seiner Meinung nach nicht mehr verlassen.

se/kle/rb/wa (AFP, AP, dpa, epd, KNA, Reuters)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.