“Ich glaube, dass man Talent mit Fleiß verbinden muss. Und auch bei den größten Erfolgen habe ich mir immer gedacht, ich muss noch dazu lernen”, sagte die Jubilarin Vicki Leandros erst vor wenigen Tagen einem Reporter der Deutschen Presseagentur (dpa). Doch die deutsch-griechische Sängerin blickt auch selbstkritisch auf ihr Leben und ihre Sängerinnenkarriere zurück. Ihr Erfolg hat sie zur Plattenmillionärin gemacht – rund 55 Millionen mal verkauften sich ihre Tonträger weltweit. Sie war beliebt bei allen Generationen, und profitierte davon, dass ihre Landsfrau Nana Moskouri hierzulande schon das Terrain bereitet hatte für Schlagersängerinnen wie sie.
Vicky Leandros ist ein Sprachtalent: Sie singt auf Französisch, Englisch, Griechisch und Deutsch
Manche mögen ihre Lieder etwas schmalzig finden. Doch viele ihrer Fans lieben gerade das: ihren romantischen, balladenhaften Stil, mit dem sie ihrer Generation den Traum vom mediterranen Süden näherbrachte. Auch deshalb steht Vicki Leandros heute für die Freundschaft zwischen den beiden Ländern, deren Pässe sie besitzt: Griechenland und Deutschland.
Erste Single mit 13 Jahren
Geboren wurde Vicky Leandros als Vassiliki Papathanasiou am 23. August 1952 auf Korfu. 1958, sie war fünf Jahre alt, ging sie mit ihren Eltern nach Hamburg. Vickys Vater, Leandros Papathanasiou, war Sänger und Produzent. Er trieb ihre Karriere gezielt voran, schickte sie zum Gesangs-, Ballett- und Gitarrenunterricht und half ihr beim Aufbau ihrer Musikkarriere. “Messer, Gabel, Schere, Licht”, so hieß ihre Debütsingle, erschienen 1965, die in Deutschland prompt Platz 16 der Charts belegte. Ihr erstes Album “Songs und Folklore” folgte bereits ein Jahr später. Ihre Karriere nahm Fahrt auf. Als die Sängerin mit den typischen langen braunen Haaren und den großen kastanienbraunen Augen 1967 für Luxemburg (Télé Luxembourg) am Grand Prix Eurovision de la Chanson in Wien teilnahm, schmolz das Publikum dahin. Ihr Titel “L’amour est bleu” (Die Liebe ist blau) landete auf Platz vier.
Kochen kann sie auch: Vicky Leandros veröffentlichte 2021 ein Familienkochbuch
Ihr zweiter Start beim Grand Prix für Luxemburg 1972, dieses Mal in Edinburgh, brachte Vicky Leandros, damals noch keine 20 Jahre alt, dann den Durchbruch: Mit dem von Klaus Munro und ihrem Vater, dem Schlagerstar Leo Leandros komponierten Titel “Après Toi” (Dann kamst du) sang sie sich auf den ersten Platz. Der kommerzielle Erfolg war riesig: Von der Single wurden in zahlreichen Sprachen – zum Beispiel auf Englisch als “Come What May” – mehr als 7,8 Millionen Exemplare verkauft.
Leandros Superhit: “Theo, wir fahr’n nach Lodz”
Ihr größter Hit in Deutschland aber war “Theo, wir fahr’n nach Lodz”. Der Titel hielt sich als einziger Hit von Leandros 1974 viele Wochen auf Platz 1 der deutschen Verkaufshitparade. Das Lied über Theo, diesen unbekannten Mann, und Lodz, diese polnische Stadt, die eigentlich von ihren Bewohnern Wuutsch ausgesprochen wird, brachte Vicki Leandros im deutschsprachigen Raum das Image eines neuen Sterns am Schlagerhimmel. Mit 20 Top-Ten-Hits ist sie in Deutschland wohl von keiner Kollegin geschlagen worden. Weiter ging es 1975 mit: “Ich liebe das Leben”, ihr elftes Studienalbum. Der gleichnamige Musiktitel geriet zum Evergreen. Wichtigstes Erfolgsrezept der Sängerin aber war das: Von Mitte der 1960er bis Mitte der 1980er Jahre nahm Leandros die meisten ihrer Singles nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Griechisch, Englisch, Französisch, Niederländisch, Japanisch und Spanisch auf. Diese Vielsprachigkeit garantierte Charterfolge in vielen europäischen Ländern, die mit zahllosen Auszeichnungen belohnt wurden.
Vicky Leandros’ erster Höhepunkt war 1967 ihr Auftritt beim “Grand Prix”
Im Jahr 2003 brachte sie ein Album mit Liedern des griechischen Komponisten und Politikers Mikis Theodorakis heraus. Leandros nutze ihre Popularität, um bei Benefizkonzerten Spenden für karitative Einrichtungen zu sammeln. Für ihren Einsatz für junge Unfallopfer und in der Drogenprävention erhielt sie 2015 sogar das Bundesverdienstkreuz. Im Oktober 2021 erschien unter dem Titel “Ein Hoch auf das Leben: Meine Küche für Familie und Freunde” ein Kochbuch von ihr. Ein Angebot der CDU für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus lehnte sie 2006 wegen einer Tournee ab. Schon fünf Jahre zuvor war sie als Kultursenatorin für Hamburg im Gespräch.
In Hamburg war Vicky Leandros lange zu Hause
Für ihre Erfolge musste Vicki Leandros, wie sie sagt, keinen allzu hohen Preis zahlen. “Wenn das, was Sie machen, Ihre Leidenschaft ist, dann empfinden Sie nicht, dass Sie auf etwas verzichten”, sagte Leandros, die am 23. August ihren 70. Geburtstag feiert, der dpa.
1969 – noch keine 20 – trat sie in der Hitparade im Fernsehen auf
Und verriet: “Natürlich gab es auch immer wieder Rückschläge – nicht alles ist gleich gelungen”, so die geschiedene Mutter von drei Kindern. “Den Mut nicht zu verlieren, wieder aufzustehen und sich zu sagen, ich muss noch an mir arbeiten, darauf kommt es an.” Heute lebt die Künstlerin auf einem Gut in Schleswig-Holstein, nicht weit von Hamburg entfernt, einem Gut ihres geschiedenen zweiten Ehemanns, Enno Freiherr von Ruffin, und ist stolze Großmutter.