“Avatar: The Way of Water” ist die Art Film, die die ganze Welt ins Kino locken will. Sein Vorgänger, “Avatar: Pandora” ist noch immer der erfolgreichste aller Filme, kein anderer spülte durch Ticketverkäufe so viel Geld in die Kinokassen – und in die Portemonnaies der Filmstudios in Hollywood. Rund 2,9 Milliarden Euro waren es laut “Hollywood Reporter”.
Ob sich dieser Erfolg wiederholen lässt, da ist sich nicht einmal Regisseur James Cameron sicher. Streamingdienste und die Corona-Pandemie haben die Kinobranche gehörig aufgemischt, im wichtigen Absatzland China sind noch immer viele Kinos geschlossen.
“Können wir einen Profit erzielen, obwohl sich der Markt so verändert hat?”, fragte sich Cameron gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters vergangenen Freitag. “Oder sind wir der letzte Dinosaurier, der übrig geblieben ist, nachdem der Komet eingeschlagen ist? Ich kann es Ihnen gerade nicht sagen.”
James Cameron: der Superstar unter den Regisseuren
Dabei ist James Cameron eigentlich ein Garant für Publikumserfolge: Nicht nur der erste “Avatar”-Film entwickelte sich zum Kassenschlager. Schon mit seinem Film “Titanic” (1997) brach Cameron alle Rekorde. Kate Winslet und Leonardo DiCaprio spielten ein so junges wie tragisches Liebespaar an Bord eines untergehenden Ozeandampfers. Der Film gewann elf Oscars – das gelang vor und nach ihm nur “Ben Hur” (1959) und “Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs” (2003).
Zwar ist das genaue Budget von “Avatar: The Way of Water” nicht bekannt, aber der “Hollywood Reporter” schätzt, dass sich allein die Produktionskosten auf 350 Millionen Dollar belaufen dürften. Damit wäre der Film eine der teuersten Produktionen der Filmgeschichte. James Cameron sagte gegenüber Reuters, der Film müsse mindestens zwei Milliarden Dollar einspielen, um keine Verluste zu machen. Das ist bisher erst vier Filmen gelungen – einer von ihnen heißt “Titanic”.
Der zweite “Avatar”-Film erkundet die Meere und Ozeane des Planeten Pandora
Kate Winslet bricht einen Rekord
Um auch seinem neuesten Film zum Erfolg zu verhelfen, hat sich Cameron einiges einfallen lassen. Wie schon beim ersten Teil von “Avatar” entwickelte er in Zusammenarbeit mit einem Kollegen ein neues Kamera-System, um so scharfe Bilder wie noch nie auf die Kinoleinwand zu bringen – und zwar gerade dann, wenn sie unter Wasser gedreht wurden. Denn im zweiten “Avatar”-Film werden die Hauptfiguren Jake Sully (Sam Worthington) und Neytiri (Zoe Saldana) von alten Feinden heimgesucht und fliehen aus ihrer Heimat im Wald zum Meeres-Clan der Metkayina, um am und im Ozean Schutz zu suchen.
Auch seinen Schauspielerinnen und Schauspielern verlangte Cameron einiges ab, zum Beispiel Kate Winslet. Die soll laut “Hollywood Reporter” während der Dreharbeiten für ganze sieben Minuten und 15 Sekunden unter Wasser die Luft angehalten haben. Damit schlägt sie den Rekord von Tom Cruise, der für “Mission Impossible: Rogue Nation” laut imdb.com die Luft sechs Minuten lang anhielt. Im Schnitt gelingt das Menschen ohne Training nur für ein bis zwei Minuten.
Die oscar-prämierte britische Schauspielerin Kate Winslet bei der London-Premiere von “Avatar: The Way of Water”
Winslet, die schon in “Titanic” die weibliche Hauptrolle verkörperte, zeigt sich gegenüber dem “Hollywood Reporter” voll des Lobes für Cameron und die weiblichen Figuren, die er erschafft: “Diese Anführerinnen, diese Frauen, sie haben Macht, sie haben Körperkraft und sie haben emotionale Tiefe.” Sie spielt die Matriarchin des Metkayina-Clans und habe es als sehr aufregend empfunden, eine Rolle zu spielen, die so sehr dem entspräche, “wie ich die Welt sehe und wie ich als Elternteil und Frau gerne sein möchte.”
Eine große Liebesgeschichte
Manche zweifeln daran, ob “Avatar: The Way of Water” einen ähnlichen Erfolg erzielen kann wie sein Vorgänger. Zu lange habe man mit dem zweiten Teil gewartet, so Shawn Robbins von “Boxoffice Pro” gegenüber Reuters. “Die allgemeine Wahrnehmung ist, dass sich der erste Film nicht in der Popkultur verankert hat”, weil die Sequels fehlten.
Diese Annahme mag naheliegen in einer Zeit, in der Hollywood vor allen Dingen durch die Wiederaufbereitung und Fortführung bekannter Stoffe Geld verdient – man denke nur an die Superhelden-Filme und -Serien von Marvel, die zahlreichen Star Wars-Filme und -Serien, die im letzten Jahrzehnt entstanden sind, oder an die “Herr der Ringe”-Serie, die in diesem Jahr erschien und sich teuerste Fernsehserie nennen darf. Prompt hat Cameron auch zugestimmt, nicht nur einen zweiten Teil von “Avatar” für Disney zu drehen, sondern auch gleich Teil drei und vier.
Ganz verschwunden ist “Avatar” aber nie: Der Cirque du Soleil aus Montréal, Kanada, einer der erfolgreichsten Zirkusgruppen der Welt, brachte eine Show heraus, die auf James Camerons Welt basierte, und eine 3D-“Avatar”-Achterbahn ist eine der beliebtesten Attraktionen in Walt Disney World in Florida. Wer mitfahren will, steht drei bis vier Stunden an, um über die Welt des Planeten Pandora zu fliegen.
James Cameron (r.) und Disney-Chef Bob Iger eröffneten 2017 die “Avatar”-Achterbahn in Walt Disney World, Florida
Einerseits zeichnete sich “Avatar” gerade dadurch aus, was es neu und anders machte: Der erste Film widmete sich schon früh ökologischen Themen und machte bereits 2009 im Blockbusterformat darauf aufmerksam, wie wichtig es für die Menschen sein wird, im Einklang mit der Natur zu leben. Dass diese Botschaft im zweiten Teil fehlt, ist nur schwer vorstellbar, schließlich hat sich James Cameron inzwischen ganz dem Naturschutz verschrieben und kümmert sich vor allen Dingen um das Leben unter Wasser. Außerdem ist die Klimakrise inzwischen ins Bewusstsein eines breiteren Publikums vorgedrungen.
Inzwischen hat sich James Cameron dem Naturschutz verschrieben: 2012 stieg er mit National Geographic in den Marianengraben hinab, den tiefsten Punkt des Meeres
Andererseits beschäftigen sich Camerons Filme immer mit einer der stärksten menschlichen Leidenschaften: der Liebe. Genau wie bei “Titanic” geht es bei “Avatar” nämlich eigentlich nicht um die grandiose Kulisse, die neueste Kameratechnik, nicht einmal um die Klimakrise. So sieht es zumindest Hauptdarstellerin Zoe Saldana, die gegenüber dem “Hollywood Reporter” bemerkte: “Im Kern ist es eine Liebesgeschichte.”
Jake Sully (Sam Worthington, l.) verliebte sich im ersten “Avatar”-Film in Neytiri (Zoe Saldana)
Die Familie im Mittelpunkt
Im zweiten Teil soll es nun nicht mehr nur um die romantische Liebe zwischen zwei Menschen gehen, sondern auch um die Liebe zur eigenen Familie. So könnte James Cameron an den Erfolg des ersten Teils anschließen – und bietet dafür auch technisch alles auf, was das moderne Kino zu bieten hat, von eigener Kameratechnik bis hin zum schärfsten 3D-Effekt, den das Publikum jemals gesehen hat.
Shawn Robbins glaubt, dass ihm ein erneuter Erfolg gelingen kann. Cameron sei dafür bekannt, “dass sich seine Wetten auszahlen. Er hatte schon immer ein gutes Gefühl dafür, wonach sich das Publikum sehnt.”
“Avatar: The Way of Water” läuft am 14.12.2022 in deutschen Kinos an.