Gegen das geplante Verbot seines Konzerts in Frankfurt am Main infolge von Antisemitismus-Vorwürfen wehrt sich der Musiker Roger Waters nun vor Gericht. Die von der Stadt angekündigte Absage der für den 28. Mai geplanten Veranstaltung sei der “eklatante Versuch, ihn zum Schweigen zu bringen”, teilte Waters’ Management bereits im März mit. Die Entscheidung könne “ernsthafte und weitreichende Folgen für Künstler und Aktivisten in der ganzen Welt haben”. Der Musiker begründet seinen Schritt damit, dass Politiker “kein Recht haben, Künstler und ihre Fans mit Auftrittsverboten einzuschüchtern und zu schikanieren”. Er kämpfe “für all unsere Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Redefreiheit”.

Stadt Frankfurt: “Israelfeindliches Auftreten”

Grund für das angedachte Konzertverbot sei das “anhaltend israelfeindliche Auftreten” des Künstlers, teilte die Stadt Frankfurt mit. Waters gelte als “einer der reichweitenstärksten Antisemiten der Welt”. Auch in Köln und München wird über das Verbot von Waters-Konzerten diskutiert. Weitere Auftritte während seiner Deutschland-Tour sind in Hamburg und Berlin geplant. In Berlin haben sich der Antisemitismusbeauftragte und die Deutsch-Israelische Gesellschaft Berlin-Brandenburg für eine Absage ausgesprochen. 

Das Management wies Vorwürfe zurück, Roger Waters sei antisemitisch. Der Musiker habe “seine Anwälte angewiesen, sofort alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um diese ungerechtfertigte Entscheidung aufzuheben und sicherzustellen, dass sein grundlegendes Menschenrecht auf Meinungsfreiheit geschützt wird”, hieß es in einer Erklärung des Managements.

David Gilmour, Roger Waters, Nick Mason und Rick Wright winken vor einem Plakat ihres Albums The Wall

2005 waren Pink Floyd für ein Live 8-Konzert noch einmal vereint (David Gilmour, Roger Waters, Nick Mason und Rick Wright, v.l.n.r.)

Sprachrohr für Russland

Der Musiker fiel in der Vergangenheit mit Nazi-Vergleichen, seiner Unterstützung der BDS-Bewegung und verschwörungstheoretischen Äußerungen auf. Am 8. Februar sprach der 79-jährige Brite, ehemaliges Mitglied der Avantgarde-Rockband Pink Floyd,auf Einladung Russlands per Videoschalte vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. In seiner Rede sagte er unter anderem, er repräsentiere mit seiner Meinung mehr als die Hälfte der Menschheit. Der Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine sei zwar illegal gewesen, doch “nicht unprovoziert” erfolgt. Deswegen verurteile er “auch die Provokateure” – und dies ging an die Adresse Kiews – “auf das Schärfste”.

Es war nicht das erste Mal, dass sich Waters öffentlich zum Ukraine-Krieg äußerte. Im September 2022 hatte er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj “extremen Nationalismus” vorgeworfen und den Westen dazu aufgerufen, Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen. Daraufhin erhielt er Auftrittsverbot im polnischen Krakau und wurde seitens der Stadtverwaltung zur “unerwünschten Person” erklärt.

Unterstützer der Boykottbewegung BDS

BDS steht für “Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen” und ruft Musiker, Sportler, Firmen und Politiker dazu auf, nicht in Israel zu investieren oder dort aufzutreten. Im Mai 2019 stimmte der Deutsche Bundestag mehrheitlich für den Beschluss “Der BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen”.

Eine Bühne voller künstlicher Mauersteine, in einer Lücke spielt eine Band

Roger Waters 1981 mit Pink Floyd beim Konzert zu “The Wall” in Dortmund

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sagte der “Jüdischen Allgemeinen”, sie könne zwar kein Konzert verbieten, aber sie würde sich wünschen, dass Veranstalter darauf verzichteten, Konzerte mit Waters durchzuführen – “und wenn sie dennoch stattfinden sollten, dass er vor leeren Hallen spielt”. Roth sagte, sie bedauere die Entwicklung des Musikers, der mittlerweile “offenkundig zu einem aktiven BDS-Unterstützer und darüber hinaus Verschwörungstheoretiker” geworden sei.

Ehemalige Bandkollegen distanzieren sich

In der Vergangenheit ließ Waters auf Konzerten Ballons in Schweineform aufsteigen, auf denen ein Davidstern abgebildet war. Auf seiner aktuellen Tour lässt er den Hinweis einblenden, Menschen, die Pink Floyd mögen, seine Politik aber ablehnten, könnten sich verziehen (“fuck off”).

Zuletzt hatten sich auch seine früheren Bandkollegen, die übrigens gegen den russischen Angriffskrieg Position beziehen, von Roger Waters distanziert. Anfang Februar bezeichnete Polly Samson, die Pink-Floyd-Songwriterin und Ehefrau von Waters’ ehemaligem Bandkollegen David Gilmour, Waters auf Twitter als “antisemitisch” und als “Putin-Apologeten”.

Die Absage von Konzerten stößt allerdings auch auf Kritik. Einer Online-Petition, in der es heißt, diejenigen, die Konzerte absagten, sollten sich “mit ihrer eigenen Geschichte von Antisemitismus, Rassismus und Völkermord […] befassen”, haben sich Musiker wie Peter Gabriel und Eric Clapton, der US-Linguist Noam Chomsky und die Schauspielerin Susan Sarandon angeschlossen.

Die 1965 gegründete englische Gruppe Pink Floyd gehört mit Alben wie “The Dark Side of The Moon” oder “The Wall” zu den erfolgreichsten Bands der Rockgeschichte. Roger Waters stieg Mitte der achtziger Jahre aus der Band aus und verfolgt seither eine Solokarriere.

Dies ist eine aktualisierte Fassung des Artikels vom 9. Februar 2023.