“Meine Eltern hatten einen Trabant 500 und ich kann mich erinnern, dass ich hinten immer schwer Luft kriegte”, erzählt Zeitzeuge Wolfgang Worf, der in den 1970ern und 1980ern regelmäßig von Weimar nach Liberec (damals Tschechoslowakei, ČSSR) gereist ist. Mindestens einmal im Jahr, meistens aber drei Mal. Später kaufte sich die Familie das Modell 601, die langen Fahrten in das Nachbarland wurden damit etwas erträglicher.
Die Eltern von Wolfgang Worf stammten aus dem Sudetenland. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden rund drei Millionen Deutsche aus der damaligen Tschechoslowakei, heute Tschechien, vertrieben, so auch Worfs Eltern, die später jede Gelegenheit nutzen, um ihre alte Heimat und ehemalige Schulfreunde zu besuchen: “DDR-Bürger konnten nicht so viele Kronen umtauschen, sodass es sehr gut war, wenn man bei Bekannten und Freunden unterkam, so wie wir damals. Man brachte denen im Gegenzug etwas von Zuhause mit. Es war sehr menschlich und schön.”
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Von “Rennpappe” zu Oldtimer
Kaum ein anderes Auto wurde so oft verspottet. Nach dem Mauerfall trennten sich die meisten Ostdeutschen schmerzfrei von ihrer “Rennpappe”. Doch das kleine Auto hat bis heute eine treue Fangemeinde, mehr noch: In den vergangenen zehn Jahren wurden gar 3000 wieder aufgemöbelte Trabis neu zugelassen. 30 Jahre nach Produktionsende tragen sie in Deutschland nun offiziell auch den Status Oldtimer.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Not macht erfinderisch
Hergestellt wurden die Trabis in der sächsischen Kleinstadt Zwickau. Mehr als drei Millionen Mal wurde der “Duroplastbomber” mit seinem unverwechselbaren Zweitaktsound angefertigt. Die berühmte Karosserie aus Kunststoff war aus der Not geboren: Blech war in der DDR Mangelware. Am 7. November 1957 rollte der erste Trabi vom Band, am 30. April 1991 der letzte – übrigens in pink.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Röhrender Motor mit wenig PS
Der im DDR-Volksmund wegen seiner Leichtbauweise auch “Rennpappe” genannte Kleinwagen hatte zwischen 18 und 26 PS und konnte bis zu 110 Kilometer pro Stunde schaffen – auch wenn dann Gespräche an Bord wegen der immensen Fahrgeräusche schwierig waren. Trotz der Fließbandproduktion im VEB Sachsenring Automobilwerk waren neue Trabis Mangelware.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Nur für Geduldige
“Ein himmelblauer Trabant rollte durchs Land”, trällerte Sonja Schmidt 1971 in einem Schlager. Bis allerdings ein DDR-Bürger ohne Kontakte und Privilegien das Auto sein Eigen nennen konnte, war viel Geduld gefragt. Im Schnitt betrug die Wartezeit für den Trabanten zwölf Jahre, in Einzelfällen manchmal auch deutlich länger.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Prototypen ohne Zukunft
Die Ingenieure in Zwickau hätten den Trabant gerne auch weiterentwickelt. Prototypen mit durchaus zeitgemäßem Antlitz wurden geschaffen, durften aber auf Beschluss der SED-Führung nie gebaut werden.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
“Auf der Reeperbahn nachts um halb eins…”
Gleich nach dem Mauerfall am 9. November 1989 fuhren Trabis dann plötzlich auch in großer Zahl über westdeutsche Straßen. Ein Ziel: “Die sündigste Meile der Welt”. Ostdeutsche rollten mit ihren Trabis über die Reeperbahn in Hamburgs Amüsierviertel St. Pauli – Stripteasebars, Sexkinos und Spielhallen gab es im Osten nicht.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Deutsch-deutsches Symbol
Der Trabi stand auch für DDR-Mief, den viele Ostdeutsche nach der Wende möglichst schnell loswerden wollten. Gleichzeitig gilt der Wagen ebenfalls als Symbol für den Mauerfall und die schönen Momente der Wiedervereinigung. “Trabitrommeln”, das Klopfen aufs Duroplastdach, war bei Westdeutschen eine liebevolle Begrüßungszeremonie, als die ersten DDR-Autos über die offenen Grenzen fuhren.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Zeitreise
Mittlerweile ist der Kleinwagen vor allem ein Liebhaberstück. Zahlreiche Fan-Clubs und Vereine kümmern sich um das Kulturgut und treffen sich regelmäßig. Berlin-Touristen können das kleine Auto auch nahe dem einstigen Grenzübergang “Checkpoint Charlie” mieten – und sich für einen Moment wie ein DDR-Bürger nach dem Mauerfall fühlen.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Doppeldecker
Zugegeben: Viel Gepäck passt nicht in den kleinen Trabi. Trotzdem leistet er seit sechs Jahrzehnten gute Dienste als Urlaubsgefährt. Beim internationalen Trabantfahrer-Treffen in Zwickau 2017 zeigten Trabi-Fans, wie das möglich ist.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Nestwärme
Einen Trabi zu verschrotten, wäre viel zu schade. Dieser hier schwebt sogar über dem Boden. In Neuruppin wurde er zum Nestplatz für Storche umfunktioniert und ist wohl das bekannteste und fotogenste Nest in Brandenburg.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Werbe-Ikone
Andere Trabis dienen nun als Werbeschilder. Auf der Insel Usedom weist dieser Besuchern den Weg zum Technik-Zweiradmuseum in Dargen, in dem auch Autos aus den vergangenen 50 Jahren ausgestellt werden.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Hollywood-Sternchen
Der Trabi hat nicht nur deutsche Fans. So hat sich US-Schauspieler Tom Hanks 2014 mit dem Kauf eines himmelblauen Trabants “P 601 de luxe” einen Traum erfüllt. Auf Hollywoods Straßen ist er aber nicht zu sehen. Hanks hat den Trabanten an das Automobilmuseum in Los Angeles verschenkt.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Auf Weltreise
Auch der tschechische Abenteurer Dan Priban ist Trabi-Fan – und durchquerte mit seinen Trabis bereits die Anden, Afrika und Australien. Zu DDR-Zeiten kam der Trabi oftmals nicht weiter als bis zum Balaton.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Erhoffter Neustart: Trabi 2.0
2009 wurde eine Neuauflage des Trabanten auf der Internationalen Automobilausstellung vorgestellt – im Jahr darauf bekamen die Designer sogar einen Preis. Der “Trabi nT” hat einen Elektromotor und kann mit einem Spitzentempo von 130 Kilometern pro Stunde über die Straßen sausen. “nT” steht für “new Trabi”. Doch ein Investor für die Serienproduktion wurde bis heute nicht gefunden.
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Trabi-Kult: Warum das DDR-Auto unsterblich ist
Wertsteigerung
Immer wieder wurde dem einstigen DDR-Volkswagen das Aussterben prognostiziert. Doch der kleine Wagen ist nicht tot zu kriegen. Im Gegenteil: 30 Jahre nachdem der letzte Trabi vom Band gerollt ist, steigen sowohl die Zulassungszahlen also auch der Wert. Ein Trabi im Top-Zustand kann heutzutage rund 10.000 Euro kosten.
Autorin/Autor: Stephanie Höppner
Urlaub erlaubt, aber nicht überall
Formal war das Recht auf Urlaub in der Verfassung der DDR festgeschrieben. 1961 etwa stand jedem Werktätigen ein Grundurlaub von zwölf Tagen zu. In den Jahren danach wurde dieses Privileg stufenweise angehoben. Doch einfach spontan an einen beliebigen Ort auf der Welt zu reisen, das war für DDR-Bürger nicht möglich. Die Reiseziele waren begrenzt. Die Auflagen enorm.
Für eine Reise nach Ungarn, Rumänien oder Bulgarien brauchte es nebst anderer Unterlagen vor allem eine Ausreisebewilligung. In die Sowjetunion reiste man in der Regel als Teil einer Reisegruppe, seltener als Privatperson. Für exotische Ziele wie Kuba war sogar die Zustimmung des zuständigen Parteisekretärs, des Gewerkschaftsfunktionärs und des Arbeitgebers notwendig. Die Bewilligung einer solchen Reise gelang nur mit einer weißen Weste. Man musste DDR-Bürger par excellence sein. Kurzum: Für die Normalsterblichen waren solche Ziele unerreichbar. Ein Exkurs in ein Land, das nicht zum Kreis der sogenannten Bruderländer gehörte, war vor allem nach dem Mauerbau ganz und gar ausgeschlossen.
Wieso die Grenze zu Polen und der ČSSR gelockert wurden
1972 stand die Berliner Mauer schon seit elf Jahren, mitsamt Sperranlagen entlang des geteilten Deutschlands – dicht, brutal, menschenverachtend. Familien wurden getrennt, haben sich ein Jahrzehnt nicht gesehen, eingesperrt im und vom eigenen Staat. Unmut machte sich breit, es wurden zaghafte Forderungen nach Reisefreiheit geltend gemacht, an denen später die DDR völlig zerbrechen sollte.
Die SED-Führung spürte das und versuchte zu beschwichtigen. Anfang 1972 traten Abkommen in Kraft, die die Reisebeschränkungen zwischen DDR, Polen und der ČSSR lockerten, zumindest formal: “Man stand trotzdem lange an der Grenze, egal ob vor oder nach 1972. Das hat eigentlich nicht richtig viel ausgemacht”, erinnert sich Wolfgang Worf. Laut einem SED-Protokoll aus dem Jahr 1977 reisten DDR-Bürger in den ersten fünf Jahren fast 50 Millionen Mal in beide Nachbarländer.
Beliebte Ziele in der Tschechoslowakei waren Prag und Karlovy Vary. Das Ziel war nicht nur Kultur und Landschaft kennenzulernen: “Hier haben wir uns auch mit Verwandten aus dem Westen getroffen. Das war immer wieder sehr schön”, erzählt Wolfgang Worf. Mit Westen meint er die Bundesrepublik Deutschland, die DDR-Bürger nur in äußersten Ausnahmefällen, wie Begräbnissen direkter Verwandter, und nach gründlicher Prüfung betreten durften. Polen eignete sich da natürlich besser, etwa für Wochenendausflüge – das Leben im Nachbarland empfanden viele DDR-Bürger als ungezwungener, Übernachtungen im Studentenwohnheim waren ohne Anmeldeprozedur möglich, Zeitschriften wie “Der Spiegel” konnten problemlos gekauft werden, in den Kinos liefen Hollywood-Filme. Polnische Bürger kamen umgekehrt weniger für Urlaube oder zur Erholung in die DDR, sondern in der Hoffnung jene Mangelware zu bekommen, die es zu Hause nicht gab, oder nur zu erheblich höheren Preisen.
“Dazu passt folgender Witz: Treffen sich zwei Hunde an der Grenze und der eine fragt: Warum gehst du denn in die DDR? Da sagt der eine: Um mich mal richtig satt zu fressen. Und fragt den anderen: Warum gehst du nach Polen? Um mal lauter zu bellen?”, erzählt Axel Drieschner, Kurator der Ausstellung “Grenzen der Freundschaft: Tourismus zwischen DDR, ČSSR und Polen” im Museum Utopie und Alltag. “In Polen konnte man dann auch mal seinem Unmut Luft verschaffen und sich sozusagen lauter über bestimmte Problematiken äußern, die man im eigenen Land nicht öffentlich ansprechen wollte”, sagt Drieschner.
Diese und andere Erinnerungsstücke sind im Museum Utopie und Alltag ausgestellt
Zahlreiche Erinnerungen an die Reisen nach Polen und in die ČSSR hat das Museum Utopie und Alltag gesammelt, mehrere Hundert Exponate lagern in den Räumen – von Ansichtskarten über Reisekataloge bis hin zu Gegenständen und Souvenirs. Sie erzählen die Urlaubsgeschichten jener DDR-Bürger, die in den 1970ern und 1980ern die Nachbarländer Polen und die ČSSR besucht haben. Das meiste sind Leihgaben, die durch einen öffentlichen Aufruf im Museum gelandet sind: “Wir haben damit offene Türen eingerannt. Es haben sich eine ganze Reihe von Leuten an uns gewandt, wir haben E-Mails mit kleinen Anekdoten und Geschichten erhalten, wir haben auch Souvenirs mit kleinen Texten geschickt bekommen, von denen einige in der Ausstellung zu sehen sind”, erklärt Axel Drieschner. Aufgearbeitet und wissenschaftlich begleitet wird die Ausstellung von Mark Keck-Szajbel von der Europa Universität Viadrina und seinen Studierenden.
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Kritisch, unerwünscht, ausgebürgert: Künstler in der DDR
Protest, Haft und Abschiebung nach West-Berlin
Die Liedermacher Christian Kunert, Gerulf Pannach und Wolf Biermann mit dem Schriftsteller Jürgen Fuchs im August 1977 in West-Berlin. Wolf Biermann ist seit November 1976 im Westen. Nach einem Konzert in Köln hat ihn die DDR-Führung ausgebürgert. Dagegen protestieren u.a. auch die drei anderen Männer. Sie werden verhaftet, ebenfalls ausgebürgert und nach West-Berlin ausgewiesen.
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Kritisch, unerwünscht, ausgebürgert: Künstler in der DDR
Prozess und fristlose Entlassung: Eva-Maria Hagen
Die auch als “Brigitte Bardot des Ostens” bekannte Schauspielerin Eva-Maria Hagen war von 1965 bis 1972 Wolf Biermanns Lebensgefährtin. Auch nach der Trennung unterstützt sie ihn und protestiert gegen seine Ausbürgerung. Sie wird fristlos aus ihrem Engagement entlassen und 1977 ebenfalls ausgebürgert. Zusammen mit ihrer Tochter Nina siedelt sie in die Bundesrepublik über.
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Kritisch, unerwünscht, ausgebürgert: Künstler in der DDR
Punk-Rock im Westen statt Schauspiel im Osten: Nina Hagen
Eigentlich wollte Nina Hagen in der DDR Schauspielerin werden, doch der Antrag auf Zulassung zur Schauspielschule wurde ohne Begründung abgelehnt. Sie gilt den DDR-Machthabern als politisch unzuverlässig. 1978, ein Jahr nach ihrer Übersiedelung in den Westen, erscheint die LP “Nina Hagen Band” – ein feministischer Klassiker des deutschen Punk-Rock.
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Kritisch, unerwünscht, ausgebürgert: Künstler in der DDR
Mit “Liebling Kreuzberg” im Westen erfolgreich: Jurek Becker
Jurek Becker, Schriftsteller und Drehbuchautor, protestiert ebenfalls gegen Biermanns Ausbürgerung. Der Autor des Romans “Jakob der Lügner” wird aus der SED ausgeschlossen und siedelt 1977 in die Bundesrepublik über. Im Westen wird er mit seinen Drehbüchern zur erfolgreichen TV-Serie “Liebling Kreuzberg” landesweit bekannt. Hauptdarsteller in der Serie: Manfred Krug, ebenfalls aus der DDR.
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Kritisch, unerwünscht, ausgebürgert: Künstler in der DDR
Ausreise wegen Berufsverbot: Manfred Krug
Manfred Krug zog 1949, als 12-jähriger, mit seinem Vater aus Duisburg in die DDR. Erst lernt er Stahlschmelzer, dann Schauspieler. Im Film “Spur der Steine” spielt er einen aufrührerischen Brigade-Leiter – der Film wird prompt aus den Kinos genommen. 1976 erhält Krug nach dem Protest gegen die Biermann-Ausbürgerung Teilberufsverbot. Er stellt einen Ausreiseantrag, der 1977 genehmigt wird.
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Kritisch, unerwünscht, ausgebürgert: Künstler in der DDR
Protest gegen russische Panzer in Prag: Bettina Wegner
Die Berliner Liedermacherin Bettina Wegner war schon vor ihrem Protest gegen die Biermann-Ausbürgerung mit der Staatsmacht in Konflikt geraten: Sie saß wegen “staatsfeindlicher Hetze” in Untersuchungshaft, nachdem sie gegen den Einmarsch russischer Panzer in Prag 1968 protestiert hatte. Wegen ihrer Unterstützung für Biermann bekommt sie in der DDR Berufsverbot und übersiedelt 1983 in den Westen.
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Kritisch, unerwünscht, ausgebürgert: Künstler in der DDR
Keine “wunderbaren Jahre” in der DDR: Reiner Kunze
1976 wird Reiner Kunzes Prosa-Band “Die wunderbaren Jahre” in der Bundesrepublik veröffentlicht. Der DDR-Schriftsteller und Übersetzer übt darin scharfe Kritik am SED-Staat. Kunze wird aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen, ihm droht Gefängnis. Seinem Ausreiseantrag wird stattgegeben, 1977 zieht er mit seiner Familie in die Bundesrepublik.
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Kritisch, unerwünscht, ausgebürgert: Künstler in der DDR
Ausreise nach Ausschluss aus Partei und Verband: Sarah Kirsch
Die Schriftstellerin und Lyrikerin Sarah Kirsch gehört zu den ersten Unterzeichnern des Appels gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns. Auch sie wird aus der SED, der “Sozialistischen Einheits-Partei” und dem Schriftstellerverband ausgeschlossen. Weil das praktisch Berufsverbot bedeutet, verlässt auch sie mit ihrem Sohn 1977 die DDR.
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Kritisch, unerwünscht, ausgebürgert: Künstler in der DDR
Star im Osten wie im Westen: Armin Müller-Stahl
In der TV-Reihe “Das unsichtbare Visier” spielt Armin Müller-Stahl einen DDR-James Bond. Doch nach seinem Protest gegen die Biermann-Ausbürgerung kommen kaum noch Rollenangebote. 1980 wird sein Ausreiseantrag genehmigt, er zieht nach West-Berlin. Und wird zu einem der wenigen Stars, die im Osten und Westen Deutschlands und sogar in Hollywood Erfolg haben.
Autorin/Autor: Susanne Spröer
Die DDR-Führung hat es schnell bereut
Es dauerte nicht lange, bis die SED-Partei die Lockerungen an den Grenzübergängen bereute, denn eins hatte sie nicht berechnet – den Einkaufstourismus und die Folgen für die Planwirtschaft. “Man hat schon Jahre vorher errechnet, wie viele, sagen wir mal, Rasierklingen oder Stecknadeln in den nächsten Jahren benötigt werden. Und jetzt kam plötzlich ein unberechenbares Moment hinzu. Es reisten Menschen aus anderen Ländern an, die ganz spezifische Bedürfnisse hatten, die da nicht mit einkalkuliert waren, und haben all diese schönen Berechnungen durcheinander gebracht, die, wie wir wissen, ja ohnehin schon selten die Realität abgebildet haben”, sagt Axel Drieschner. “Hinzu kam noch ein weiterer Aspekt, der Chaos stiften konnte: Die Angst vor dem Unmut der Bevölkerung. Man wollte eben keine Unruhe in der Bevölkerung schüren, was durchaus geschehen konnte, wenn man bedenkt, dass beispielsweise Bürger aus Polen nach Görlitz gefahren und in die Kaufhäuser gegangen sind, um dort bestimmte Sachen, die vielleicht erst seit ein paar Tagen im Regal lagen, aufgekauft haben. Und gerade diese grenznahen, größeren Städte waren sehr stark von dem Einkaufstourismus betroffen und es haben sich mitunter auch neue Ressentiments über die jeweiligen anderen Nationalitäten gebildet, die dort die vielleicht dringend benötigten Konsumgüter gekauft haben.”
Ein Fotoalbum mit Erinnerungen an den Urlaub in der Tschechoslowakei – Ausstellungsstück im Museum Utopie und Alltag
Auch Wolfgang Worf erinnert sich an besondere Produkte, die er aus der ČSSR mitbrachte: “Wir haben Unmengen von Knödelmehl mit nach Hause gebracht. Das gab es in der DDR damals nicht und meine Lieblingsspeise war schon immer Lendenbraten mit Knödel. Ich habe auch gerne im Schreibwarenladen eingekauft – die Tschechen hatten bestimmte Stifte, die man in der DDR nur selten kaufen konnte.”
Nicht nur der Einkaufstourismus missfiel der DDR-Führung, hinzu gesellten sich die politischen Umbrüche in den 1980ern: Das Aufkommen der Solidarność-Bewegung und die Ausrufung des Kriegsrechts in Polen führten wieder zu strengeren Kontrollen an den Grenzen. Reisen waren erneut nicht mehr so einfach zu organisieren.
Doch das liegt nun einige Jahrzehnte zurück, heute sind zumindest im größten Teil Europas die Grenzen offen. Offen sind auch die Türen des Museums Utopie und Alltag. Die Ausstellung “Grenzen der Freundschaft: Tourismus zwischen der DDR, ČSSR und Polen” kann noch bis zum 30.04.2023 besucht werden.